Winnenden gedenkt der Opfer des Amoklaufs (Archivbild)
epd-bild / Gerhard Bäuerle
Vor zehn Jahren hat ein ehemaliger Schüler eine Realschule in Winnenden gestürmt und neun Schüler und drei Lehrerinnen erschossen. Nach einem Amoklauf bleibe eine Empfindlichkeit über viele Jahrzehnte, meint die Kriminologin Britta Bannenberg.
15.02.2019

Auch zehn Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden ist es nach Ansicht der Kriminologin Britta Bannenberg noch zu früh, zur Normalität zurückzukehren. Auch wenn viele Winnender wieder "normal" leben wollten - "die Betroffenen werden dies immer anders sehen", sagte die Gießener Professorin für Kriminologie dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich eines Vortragsabends der Albertville Realschule am Donnerstag in Winnenden zum 10. Jahrestag des Amoklaufs: "Da bleibt eine Empfindlichkeit über viele Jahrzehnte."

Von Menschen, die nicht direkt vom Amoklauf betroffen waren, sei besonders menschliches Verständnis im Umgang mit den Betroffenen gefragt, sagte die Kriminologin. Der 17-jährige ehemaliger Schüler Tim K. hatte am 11. März 2009 die Albertville Realschule in der Kleinstadt Winnenden bei Stuttgart gestürmt und dort neun Schüler und drei Lehrerinnen erschossen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen, bevor er sich selbst das Leben nahm.

"Unsere Gesellschaft wird sich nur dann verändern, wenn wir uns verändern"

Gisela Mayer, Geschäftsführerin der Stiftung gegen Gewalt an Schulen, ist der Auffassung, Gewalt sei immer der falsche Ausweg aus einer Notsituation. Wer seinen Mitmenschen mit einer Grundhaltung der Wertschätzung und des Wohlwollens begegne, werde es nicht nötig haben, zu beleidigen, zu verletzen oder zu demütigen. "Unsere Gesellschaft wird sich nur dann verändern, wenn wir uns verändern", sagte Mayer, die selbst bei dem Amoklauf eine Tochter verloren hat. "Denn wer eine Situation wirklich verbessern will, sollte immer da beginnen, worüber er die beste Kontrolle hat, bei sich selbst."

Stephan Schlensog, Generalsekretär der Stiftung Weltethos aus Tübingen sagte laut Manuskript, keine noch so gute Schule könne das nachholen, was an Geborgenheit, Vertrauensbildung und Wertevermittlung im Elternhaus versäumt wird. Dennoch seien Schulen sehr wichtige Lern- und Erfahrungsorte, um gelingende Beziehungen aufzubauen.

Egoismus, Intoleranz und Hass

Lehrer würden tagtäglich mit dem aktuellen Zeitgeist konfrontiert, der von Egoismus, Intoleranz und Hass geprägt sei. Dem müssten Werte und Haltungen entgegengesetzt werden. Jeder könne selbst entscheiden, ob er in schwierigen Situationen oder danach die Stimmung anheize oder ob er sie beruhige, ob er hasse oder verzeihe, spalte oder zusammenhalte.

2016 wurde die Albertville Realschule zur Weltethos-Schule ernannt. Beim Weltethos gehe es um gemeinsame Standards, denen sich alle Menschen verpflichten können, unabhängig von den Religionen, sagte Schlensog.

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