Wanderarbeiter aus Rumänien in Frankfurt (Symbolbild)
epd-bild / Thomas Rohnke
Der katholische Prälat Peter Kossen will mit einem neuen Verein Wanderarbeitern vornehmlich aus Ost- und Südosteuropa zu ihrem Recht verhelfen.
07.02.2019

Mit einem neuen Verein unter dem Namen "Aktion Würde und Gerechtigkeit" wollen der katholische Prälat und Sozialexperte Peter Kossen (50) und seine Mitstreiter Arbeitsmigranten vornehmlich aus Ost- und Südosteuropa zu ihrem Recht verhelfen. "Würde und Gerechtigkeit wird ihnen beispielsweise als Werk- und Leiharbeiter in der fleischverarbeitenden Industrie oft vorenthalten", sagte Kossen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das deutsche Recht unterstelle, dass der Arbeitnehmer seine Rechte selbst geltend mache. "Doch da gibt es eine eklatante Lücke, die wir schließen wollen", betonte er.

Der Gang zu Betriebsräten, Gewerkschaften und dem Arbeitsgericht sei für Arbeitsmigranten faktisch versperrt, sagte Kossen, der Pfarrer im westfälischen Lengerich ist: "Sie sprechen die Sprache nicht, die Betriebsräte sind für sie nicht zuständig und sie finden weder Zugänge zu Anwälten noch zur Rechtsberatung." So entstehe ein Vakuum, das von anderer Seite brutal ausgenutzt werde.

Ortsnahe muttersprachliche Beratung

Das wolle der Verein mit einer ortsnahen muttersprachlichen Beratung über ein Netzwerk von Juristen und juristisch geschulten Ehrenamtlichen ändern. "Das beginnt damit, dass Anträge bei Gericht für Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe übersetzt und Menschen, die kein deutsch sprechen, bei der Antragstellung unterstützt werden", erklärte Kossen. Um das zu erreichen, wollen der Pfarrer und seine Verbündeten einen Rechtshilfefonds gründen und auch mit bestehenden Initiativen kooperieren.

Aktiv werden will der Verein zunächst in Nordwestdeutschland, dann aber auch darüber hinaus, in der Fleischindustrie genauso wie in anderen Branchen, wie es hieß. Der leitende Theologe setzt sich seit Jahren vor allem im Oldenburger Münsterland rund um Cloppenburg und Vechta für die Rechte von Arbeitsmigranten ein. Diese kamen zuerst aus Polen, Rumänien und Bulgarien, mittlerweile auch aus Ungarn, Moldawien und der Ukraine. "Wir werden uns nicht damit abfinden, dass sie wie Menschen zweiter Klasse behandelt, ausgebeutet und rassistisch herabgewürdigt werden", betonte der Prälat.

Mehrklassen-Gesellschaft auf dem Arbeitsmarkt

Als Leih- und Werksarbeiter würden Arbeitsmigranten häufig "benutzt, verschlissen und dann entsorgt - wie Maschinenschrott", sagte Kossen. Das Wohlstandsgefälle innerhalb der EU begünstige krasse Ausbeutung und eine Mehrklassen-Gesellschaft auf dem Arbeitsmarkt: "Arbeitnehmer mit Tarifen und Rechten und solche, die in vielfacher Hinsicht um einfachste Lohn- und Sozialstandards betrogen werden."

Kossen verwies auf einen Bericht des Deutschen Institutes für Menschenrechte an den Bundestag. Darin listet das Institut Strukturen schwerer Ausbeutung nicht nur in der fleischverarbeitenden Industrie, sondern auch in Branchen wie dem Bau, in der Pflege oder in der Landwirtschaft auf. Oft arbeiteten Beschäftigte dort letztlich für zwei bis drei Euro die Stunde, mit vielen Überstunden und ohne soziale Absicherung.

Der neue Verein will nach eigenen Angaben Ratsuchende über soziale Netzwerke erreichen, eine Geschäftsstelle einrichten und eine Internet-Präsenz aufbauen. Kossen ergänzte, mit ihrem Einsatz wolle die Initiative auch das Signal senden, das menschenverachtende Beschäftigung durch vermehrte juristische Verfolgung mit steigenden Kosten und Risiko verbunden seien: "Dadurch wird das Geschäftsmodell uninteressant."

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