Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe
epd-bild/Uli Deck
Wenn Anwälte Medien vor möglichen Berichten über ihre Mandanten warnen, müssen ihre Schreiben klare Informationen enthalten, die den Journalisten eine Beurteilung erlauben. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden.
16.01.2019

Sogenannte presserechtliche Informationsschreiben sind unzulässig, wenn sie keine konkreten Informationen zu möglichen Persönlichkeitsverletzungen durch geplante Presseberichte enthalten. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag, wie das Gericht am Mittwoch in Karlsruhe mitteilte. Im konkreten Fall hatte sich die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) gegen entsprechende Fax-Warnschreiben der Berliner Medienrechtskanzlei Schertz Bergmann gewandt. (AZ: VI ZR 506/17)

Die Entscheidung gelte ausdrücklich unabhängig davon, ob solche Schreiben wie im vorliegenden Fall als Fax oder über andere Verbreitungswege verschickt würden, sagte eine Gerichtssprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Kritiker monieren Einschüchterung

In "presserechtlichen Informationsschreiben" wenden sich Anwälte noch vor Veröffentlichung einer Berichterstattung an Journalisten und drohen mit rechtlichen Schritten, falls rechtswidrige Informationen über ihre Mandanten publiziert werden. Dabei nehmen sie häufig auf bereits erfolgte Berichte in anderen Medien Bezug. Kritiker monieren, dass Journalisten damit eingeschüchtert und unliebsame Berichte über Prominente verhindert werden sollen. Ob eine Berichterstattung rechtswidrig ist, könne zudem erst nach der Veröffentlichung konkreter Texte entschieden werden.

Die FAZ hat nach eigenen Angaben allein von der Kanzlei Schertz Bergmann zwischen Ende 2012 und Mitte 2016 mehrere Dutzend solcher Schreiben ungefragt und zuletzt ausdrücklich unerwünscht erhalten. Einer Klage auf Unterlassung dieser Praxis gab das Landgericht Frankfurt im März 2017 statt. Die Richter hielten die Zusendung solcher Briefe für vergleichbar mit dem unerwünschten Versand von Werbung. Sie verletze das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. (AZ: 2-3 O 219/16)

OLG: Presse muss kritischen Diskurs aushalten

Das Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) entschied dagegen im Dezember 2017, die Presse müsse einen kritischen Diskurs aushalten. Derartige Schreiben gäben Redaktionen sogar die Möglichkeit zu prüfen, ob eine Berichterstattung angemessen sei. Der mit der Bewertung der Schreiben verbundene Zeitaufwand seien hinzunehmen.

Der Bundesgerichtshof hob das OLG-Urteil nun auf. Grundsätzlich hält der BGH presserechtliche Informationsschreiben jedoch für zulässig: Derartige Briefe zielten auf einen effektiven, möglichst bereits vor einer Verletzung wirksam werdenden Schutz des Persönlichkeitsrechts. In der Regel habe das Interesse eines Presseunternehmens, solche Schreiben nicht zu erhalten, hinter diesen schutzwürdigen Interessen zurückzutreten, führten die Richter aus.

Eine andere Beurteilung sei allerdings dann geboten, wenn das Schreiben keine Informationen enthalte, die der Redaktion die Beurteilung erlauben, ob eine mögliche Berichterstattung Persönlichkeitsrechte verletzt. So habe es sich im Streitfall verhalten, urteilte der BGH.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.