Ein 2010 aufgenommenes Foto des damals inhaftierten Fernsehmoderators und Wetterexperten Jörg Kachelmann ist zu Recht verboten worden.
10.01.2019

Die von deutschen Gerichten getroffene Entscheidung gegen eine weitere Veröffentlichung und Verbreitung des Bildes sei keine unzulässige Verletzung der Meinungsfreiheit, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Donnerstag in Straßburg. Er wies damit die Klagen der "Bild"-Zeitung und des Medienkonzerns Axel Springer als unzulässig ab. Das Unternehmen bedauerte die Entscheidung. Man teile die Bewertung des Gerichtshofes nicht, hieß es in Berlin. (AZ: 62721/13 und 62741/13).

"Bild" hatte im Juli 2010 in der Printausgabe und online ein Foto von Kachelmann gezeigt. Darauf war der Untersuchungshäftling, dem damals Vergewaltigung vorgeworfen worden war und der später freigesprochen wurde, mit nacktem Oberkörper im Kreise von Mitgefangenen im Gefängnishof zu sehen, wie der Gerichtshof für Menschenrechte in einer Mitteilung rekapitulierte.

Recht auf Meinungsfreiheit und Privatleben fair miteinander abgewogen

Kachelmann klagte gegen das Foto und bekam vom Kölner Landgericht und vom Kölner Oberlandesgericht Recht. "Bild" und Springer-Konzern durften demnach das Foto nicht weiter veröffentlichen oder verbreiten und mussten Kachelmann eine "moderate" Summe an Anwaltskosten erstatten, wie der Menschenrechtsgerichtshof weiter erklärte. Beim Bundesverfassungsgericht scheiterten "Bild" und Springer-Konzern ebenfalls.

In den Augen der Straßburger Richter hat die deutsche Justiz in den Verfahren die Rechte von "Bild" und Springer-Konzern auf Meinungsfreiheit und Kachelmanns Recht auf Privatleben fair miteinander abgewogen. Unter anderem machte der Gerichtshof geltend, dass das Foto zwar nicht herabwürdigend für Kachelmann gewesen sei. Es habe ihn aber in einer Situation gezeigt, in der er nicht erwarten konnte, fotografiert zu werden. Alles in allem sahen die Richter keine Veranlassung, Deutschland wegen Verletzung der Meinungsfreiheit zu verurteilen. Ihre Entscheidung ist abschließend.

Axel Springer teile Bewertung nicht

Der Konzern Axel Springer SE erklärte, er teile die Straßburger Bewertung des vom Kölner Oberlandesgericht ausgesprochenen Verbots nicht, ein Foto von Jörg Kachelmann im Gefängnishof im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über eine abgesagte Aktionärsversammlung zu veröffentlichen. Die "Bild"-Zeitung hatte im Juli 2010 berichtet, dass ursprünglich "eine gerichtlich genehmigte Generalversammlung der Jörg Kachelmann Produktions AG hinter Gittern stattfinden" sollte und den Beitrag mit einem Foto des Häftlings bebildert.

Zu dem Geldentschädigungsverfahren Kachelmanns habe Springer beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde eingelegt, so ein Sprecher des Medienunternehmens. Darüber sei noch nicht entschieden.

Zahlreiche Prozesse

Kachelmann war im März 2010 aufgrund einer Aussage einer ehemaligen Geliebten wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung verhaftet worden. 2011 wurde er vom Landgericht Mannheim freigesprochen. Im September 2016 sprach das Frankfurter Oberlandesgericht Kachelmann Schadenersatz von seiner Ex-Geliebten zu, weil sie ihn "vorsätzlich, wahrheitswidrig der Vergewaltigung" bezichtigt habe. Strafrechtliche Ermittlungen gegen die Frau stellte die Staatsanwaltschaft Mannheim im September 2017 ein. Die Gerichtsurteile ließen keine "ohne weiteres tragfähigen Schlüsse" über den ursprünglichen Hergang des Geschehens zu, hieß es zur Begründung.

Nach seinem Freispruch führte Kachelmann zahlreiche Prozesse, unter anderem gegen den Springer-Konzern. Dem Moderator wurden dabei hohe Schadensersatzzahlungen zugesprochen.

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