Persönliche Daten und Dokumente von Politkern, Journalisten und Musikern wurden über Twitter verbreitet (Symbolbild).
epd-bild/Hanno Gutmann
Alle Parteien haben die Veröffentlichung privater Daten von Politikern, Künstlern und Journalisten verurteilt. Kritik gibt es an den Sicherheitsbehörden, die das Datenleck nicht bemerkt hatten. Die Regierung spricht von einem ernsten Vorgang.
04.01.2019

Politiker und Parteien haben die Veröffentlichung persönlicher Daten und Dokumente im Internet als Angriff auf demokratische Grundwerte verurteilt und die Frage aufgeworfen, warum die Sicherheitsbehörden nicht früher auf das Datenleck aufmerksam geworden sind. Die Bundesregierung erklärte am Freitag in Berlin, an der Aufklärung werde mit Hochdruck gearbeitet. Die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz sagte: "Die Bundesregierung nimmt diesen Vorfall sehr ernst."

Es seien Politiker und Mandatsträger auf allen Ebenen betroffen, von der Kommunalpolitik bis zum Europaparlament, sagte Fietz. Das Bundeskanzleramt habe am späten Donnerstagabend Kenntnis von dem Vorgang erhalten. Nach ersten Erkenntnissen seien aus Regierungssicht keine sensiblen Informationen unter den veröffentlichten Daten, auch nicht in Hinblick auf die Bundeskanzlerin, sagte Fietz. Ob dies auch für den Bundespräsidenten und alle Kabinettsmitglieder gilt, lies die Sprecherin offen. Fietz warnte, die Daten seien mit größter Vorsicht zu behandeln. Es könnten über einen solchen Vorgang auch gefälschte Daten eingeschleust werden.

Auch Journalisten, Künstler und Musiker betroffen

Neben Hunderten Politikern sind weitere Personen des öffentlichen Lebens betroffen, darunter Journalisten, Künstler und Musiker. Über die Verbreitung der persönlichen Daten und Dokumente über Twitter hatte zuerst das rbb-Inforadio berichtet. Die Veröffentlichungen waren dem Sender zufolge am Donnerstagabend bemerkt worden und beschäftigen seitdem die Partei- und Fraktionsführungen. Betroffen sind dem Sender zufolge alle im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD.

Veröffentlicht wurden vor allem Handynummern und Adressen, aber auch amtliche Dokumente wie Personalausweise und persönliche Angelegenheiten wie Briefe, Chatverläufe, Fotos, Kontoauszüge oder Mietverträge. Auch Daten von Familienmitgliedern wurden öffentlich gemacht. Die Daten sind zum Teil schon länger im Netz. Sie waren über einen Twitter-Account in der Form eines "Adventskalenders" veröffentlicht worden. Der Account wurde am Freitagmittag gesperrt.

"Massiver Eingriff in demokratische Grundrechte"

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer forderte Aufklärung darüber, "weshalb die Sicherheitsbehörden nicht auf das Datenleck aufmerksam geworden sind, obwohl personenbezogene Daten bereits tagelang im Internet kursierten." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken-Fraktion im Bundestag, Jan Korte warnte, wer private Angaben von Menschen veröffentliche, nehme deren Gefährdung in Kauf. Seine Fraktionskollegin Ulla Jelpke sagte, der zunächst weitgehend unbemerkte Leak sei "in rechten Kreisen abgefeiert" worden.

Mehrere Politiker appellierten an die Öffentlichkeit, die privaten Daten nicht zu verwenden und weiterzuverbreiten. Die Grünen empfahlen allen Betroffenen, Strafanzeige zu stellen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, und Bundesgeschäftsführer Michael Kellner werteten den Angriff als "einen massiven Eingriff in demokratische Grundrechte, Persönlichkeitsrechte und Meinungsfreiheit". Man werde sich aber in der politischen Arbeit nicht einschüchtern lassen.

Vermutlich politische Absicht

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte, eine mögliche politische Motivation des Angriffs müsse geklärt werden. Anscheinend seien alle Parteien außer der AfD betroffen, sagte er. Die Unionsfraktion drängte auf schnelle Aufklärung. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Daniel Caspary (CDU), warnte vor voreiligen Schlüssen. Mit dem Angriff werde aber vermutlich eine politische Absicht verfolgt. Der Justitiar der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Brandner, erklärte, der Schutz privater Daten gelte für alle, auch für Politiker. Er gab zugleich Behörden und Medien eine Mitschuld an der "Datenklaumentalität" und verwies unter anderem auf den Kauf von Steuer-CDs.

Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) teilte über Twitter mit, es prüfe den Fall in enger Abstimmung mit den Bundesbehörden. Nach derzeitigem Erkenntnisstand seien die Regierungsnetze von der Veröffentlichung der Daten und Dokumente nicht betroffen, hieß es weiter.

Kein Datenabfluss aus Regierungsnetzen

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die zentrale Koordination habe das beim BSI angesiedelte Nationale Cyber-Abwehrzentrum übernommen. Das Bundeskriminalamt und der Verfassungsschutz seien eingeschaltet worden. Man bemühe sich auch darum, die weitere Verbreitung der Daten zu stoppen.

Wie die Unbekannten an die Daten gekommen sind, lasse sich derzeit noch nicht feststellen, sagte der Sprecher. Zum Zeitpunkt seiner Erklärung, am Freitagmittag, ging man im Innenministerium aber davon aus, dass es keinen Datenabfluss aus Regierungsnetzen gegeben habe. Ob die Server des Bundestags betroffen seien, sei nicht bekannt, sagte der Sprecher. Der Bundestag war seit 2015 mehrfach Ziel von Hacker-Attacken gewesen.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.