Häusliche Gewalt (Gestelltes Symbolfoto)
epd-bild/Steffen Schellhorn
Für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder beginnt nach Einschätzung der Vorstandsvorsitzenden des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Baden-Württemberg, Ursel Wolfgramm, nun wieder eine besonders schwere Zeit des Jahres.
21.12.2018

Die meisten Betroffenen hätten Angst vor der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester, sagte die Sozialpädagogin und Betriebswirtin dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag. "Die Gewalt nimmt zu, wenn die Männer zu Hause sind." Wenn die Familie einige Tage so eng aufeinander sitze, die Kinder durch die Wohnung lärmten, und nur wenig Auszeiten voneinander möglich seien, steigerten sich Konflikte, Aggressionen und Gewaltvorfälle.

Das bundesweite Hilfetelefon für Gewaltbetroffene werde während der Feiertage sehr stark genutzt, erläuterte Wolfgramm. Auch die Plätze in den Schutzhäusern seien in diesen Tagen voll ausgelastet. In Baden-Württemberg fehlten 700 Plätze für Frauen und 1.200 für Kinder. "Wir brauchen dringend mehr stationäre Einrichtungen, wo Frauen und Kinder Schutz und Unterstützung erfahren", sagte die Verbandschefin.

"Ein Skandal"

Auch das Beratungsangebot für gewaltbetroffene Frauen müsse ausgebaut werden, insbesondere in ländlichen Regionen. So gebe es in neun Landkreisen keine ambulante Fachberatungsstelle, sagte Wolfgramm. Die Landkreise Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald, Rhein-Neckar-Kreis und Enzkreis hätten sogar weder Frauenhaus noch Beratungsstelle: "Das ist schon ein Skandal."

In den vergangenen Jahren sei insgesamt viel zu wenig passiert, kritisierte die Sozialpädagogin. Dabei ziehe sich häusliche Gewalt durch alle gesellschaftlichen Schichten. Am wichtigsten sei es, dass Frauen sich und ihre Kinder aus dieser Situation befreien können, betonte Wolfgramm. "Wer als Kind Partnergewalt der Eltern erlebt, wird später oft selbst zu Opfer oder Täter." Diese Gewalt-Spirale gelte es frühzeitig zu durchbrechen.

Schutz vor Gewalt

Wolfgramm forderte zudem einen Rechtsanspruch auf Schutz für Opfer häuslicher Gewalt. Weil es bislang keinen gesetzlichen Anspruch gebe, könnten die erforderlichen Hilfen nicht in ausreichendem Umfang bereitgestellt werden. Bestimmte Personengruppen hätten zudem Schwierigkeiten, die Kosten eines Frauenhauses erstattet zu bekommen. Studierende, Auszubildende oder Migrantinnen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, müssten den Aufenthalt unter Umständen selbst finanzieren.

Mit dem gesetzlichen Anspruch auf Schutz vor Gewalt verhalte es sich ähnlich wie mit dem Recht auf einen Kitaplatz: "In dem Moment, wo es einen Rechtsanspruch gibt, muss der Ausbau von Angebot und Finanzierung erfolgen."

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