Nach der Ankündigung eines US-Rückzugs aus Syrien will US-Präsident nun auch die Hälfte der Truppen aus Afghanistan abziehen. Für die Nato und die Regierung in Kabul kommt das völlig überraschend.
21.12.2018

US-Präsident Donald Trump plant einen Teilabzug der Truppen aus Afghanistan. Nach Berichten von US-Medien sollen im Frühjahr 2019 nur noch etwa 7.000 US-Soldaten am Hindukusch verbleiben. Die Entscheidung während laufender Friedensverhandlungen mit den Taliban kommt für die Regierung in Kabul, aber auch für die Nato unerwartet. Die Taliban forderten die afghanische Regierung auf, sämtliche US-Truppen vom Hindukusch zu verbannen. Nato, Deutschland und Sicherheitsexperten unterstrichen die Wichtigkeit des Nato-Einsatzes.

Trump hatte am Mittwoch überraschend das Ende des militärischen Engagements in Syrien erklärt. Aus Protest gegen diese Entscheidung trat wenig später US-Verteidigungsminister James Mattis zurück. Trump hatte bereits in der Vergangenheit seine Frustration über den über 17 Jahre währenden Krieg am Hindukusch deutlich gemacht, bei dem mehr als 2.400 amerikanische Soldaten getötet wurden.

Derzeit befinden sich etwa 14.000 US-Soldaten in Afghanistan, die im Zuge der Nato-Mission "Resolute Support" die afghanischen Truppen bei der Bekämpfung der aufständischen Taliban und anderer islamischer Terrorgruppen unterstützen. Ihre Unterstützung gilt als entscheidend, da die afghanische Armee nicht in der Lage ist, Lufteinsätze zu fliegen. Neben den US-Soldaten sind weitere 8.000 Nato-Soldaten und um die 25.000 vom Pentagon rekrutierten privaten Sicherheitskräfte am Hindukusch stationiert. Die Bundeswehr ist mit rund 1.000 Soldaten an der Militärmission beteiligt.

Bundesverteidigungsministerium: Afghanistan braucht weiter Hilfe

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff, erklärte in Berlin, vor dem Hintergrund der Gespräche mit den Taliban komme es gerade jetzt darauf an, dass die internationale Koalition "verlässlich ist und Standfestigkeit zeigt". Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe bei ihrem Besuch in der vergangenen Woche in Afghanistan "hochengagierte US-Truppen" erlebt. Es sei klar, dass die afghanischen Sicherheitskräfte weiter Unterstützung bräuchten. Friedensgespräche für das zerrüttete Land laufen seit Mitte November.

Eine Nato-Sprecherin in Brüssel wollte den Schritt der USA zunächst nicht kommentieren, erklärte aber zugleich, dass die Unterstützung der Nato in Afghanistan wichtig sei, um Terroranschlägen vorzubeugen. Das Land dürfe nicht wieder ein sicheres Rückzugsgebiet für internatonalen Terrorismus werden.

Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, kritisierte den Vorstoß. Die Bundeswehr sei in ihrem Afghanistan-Einsatz stets abhängig von der Präsenz der US-Truppen gewesen, sagte er dem "Tagesspiegel" (Samstag). "Für die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind diese überraschenden Kehrtwendungen katastrophal", sagte der Ex-Diplomat.

Irritation in Kabul

In der afghanischen Hauptstadt Kabul wirkte die unerwartete Ankündigung wie ein Schock. Ein Sprecher des afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani erklärte zwar, der Rückzug der Amerikaner werde die Sicherheit im Land nicht beeinflussen. "In den vergangenen viereinhalb Jahren haben die afghanische Truppen die volle Kontrolle gehabt", erklärte Haroon Chakhansuri am Freitag laut dem TV-Sender Tolo. Die Sorge um die Sicherheit sei unbegründet.

Doch andere, etwa die Frauenrechtlerin Wazhma Frogh, kritisieren das einseitige Handeln der USA ohne Einbezug der afghanischen Seite. Andere äußerten die Befürchtung, dieser Schritt der USA könne die ohnehin fragilen Friedensverhandlungen mit den Taliban torpedieren. Seit 2015 sind mehr als 28.000 afghanische Soldaten im Kampf gegen die Taliban getötet worden.

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