Vier von 27 deutschen Staatsanwaltschaften ermitteln wegen des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche gegen unbekannt. Betroffenenvertreter mahnen, die Zeit der vornehmen Zurückhaltung müsse endlich vorbei sein.
06.12.2018

Nach einer Anzeige von Strafrechtsprofessoren haben einem Zeitungsbericht zufolge bislang vier Staatsanwaltschaften Ermittlungen wegen des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche eingeleitet. Die Ermittlungen richteten sich gegen unbekannt, meldete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Donnerstag). 20 Staatsanwaltschaften prüften die Anzeige noch. Durchsuchungen oder Beschlagnahmen in den Bistümern, wie sie die Strafrechtler gefordert hatten, hätten nicht stattgefunden.

Nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie der katholischen Kirche im September hatten Jura-Professoren um den Passauer Strafrechtler Holm Putzke bei den Staatsanwaltschaften in allen 27 deutschen Bistümern Strafanzeige gegen unbekannt gestellt. Die von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebene Missbrauchsstudie liefere "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" für Straftaten, zitierte der "Spiegel" aus der Anzeige. Deshalb seien die Behörden verpflichtet, die Kirchenakten sicherzustellen: "Die Fakten der Studie rechtfertigen eine Durchsuchung sämtlicher Diözesen."

"Organisation der Täter"

Die Opfer-Initiative "Eckiger Tisch" erklärte, die Zeit der vornehmen Zurückhaltung müsse endlich vorbei sein. "Wir appellieren an die zuständigen Justizministerien in den Ländern, mit Blick auf die Ergebnisse der Missbrauchsstudie und die Strafanzeigen ihrer Verantwortung gerecht zu werden, die Staatsanwaltschaften zu zeitnahen Ermittlungen anzuweisen und die Bistümer zur Herausgabe der Akten und Unterlagen über ihnen bekannt gewordenen Missbrauchsfälle aufzufordern." Es dürfte nicht weiterhin die Kirche und damit die "Organisation der Täter" sein, die entscheide, ob ein Verbrechen eventuell verjährt sei, sagte Sprecher Matthias Katsch am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Bischofskonferenz hatte Ende September eine von ihr in Auftrag gegebene Studie zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen durch Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige veröffentlicht. Die Studie ergab, dass zwischen 1946 und 2014 insgesamt 3.677 Minderjährige Opfer sexuellen Missbrauchs wurden. Es fanden sich Hinweise auf 1.670 beschuldigte Kleriker. Für die Studie wurden Personalakten der 27 deutschen Bistümer ausgewertet.

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