Der sogenannte "Arbeiterstrich" in Dortmund, auf dem vor allem verarmte Bulgaren und Rumänen Arbeit suchen, zu teilweise ausbeuterischen Bedingungen (Archivbild).
epd-bild / Friedrich Stark
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat seinen dritten Jahresbericht zur Lage in Deutschland vorgelegt. Dabei geht es unter anderem um schwere Ausbeutung von Arbeitsmigranten, Zwang in der Psychiatrie und Rüstungsexporte in Diktaturen.
05.12.2018

Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIM) hat strengere Vorgaben für Rüstungsexporte gefordert. "Deutschland darf sich nicht an Menschenrechtsverletzungen anderer Staaten beteiligen", sagte die Direktorin des Instituts, Beate Rudolf, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des dritten Jahresberichtes zur Menschenrechtssituation in Deutschland.

Kritik gab es etwa an den Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Menschenrechtssituation in beiden Staaten habe offenbar bei den Genehmigungen durch die Bundesregierung ebenso wenig eine Rolle gespielt wie die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, sagte Rudolf. An beide Staaten sollten keine weiteren Waffen geliefert werden, solange diese am Jemen-Konflikt beteiligt sind. Zudem sei in beiden Staaten die Menschenrechtssituation besorgniserregend.

Das Menschenrechtsinstitut plädierte für ein Rüstungsexportgesetz, das die völkerrechtlichen- und menschenrechtlichen Genehmigungskriterien gesetzlich verankert. Bislang orientiert sich die Bundesregierung vor allem an internen Prüfkriterien, die Entscheidungen seien aber nicht transparent, hieß es.

Fehlender Schutz von Arbeitsmigranten vor Ausbeutung

Rudolf forderte zudem, künftig "das Unterlaufen der deutschen Genehmigungsstandards durch Tochterunternehmen im Ausland" und durch Lizenzproduktion zu verhindern. Zudem sollte die Bundesregierung künftig "ihre menschenrechtlichen Bewertungen gegenüber dem Deutschen Bundestag begründen müssen".

Weiter kritisierte der Bericht zur Lage der Menschenrechte in Deutschland einen fehlenden Schutz von Arbeitsmigranten vor Ausbeutung. "Diese Menschen haben faktisch kaum eine Möglichkeit, ihre Lohnansprüche gerichtlich durchzusetzen", sagte Rudolf. Schwere Arbeitsausbeutung sei aktuell ein risikoloses Geschäft.

Schuld an der oft prekären Lage von Arbeitsmigranten seien unter anderem fehlende Sprachkenntnis, Abhängigkeit vom Arbeitgeber sowie fehlende Beweismittel und Beratung. Dies führe "zu einer strukturellen Unterlegenheit der Betroffenen gegenüber ihren Arbeitgebern". Diese könne derzeit in arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht behoben werden, erklärte Rudolf.

4.736 Ermittlungsverfahren zu Lohnzahlungen

Ziel müsse es deshalb sein, die Durchsetzung von Lohnansprüchen für die Betroffenen zu erleichtern. Rudolf schlug unter anderem vor, die Verbandsklagemöglichkeiten gegen ausbeuterische Arbeitgeber zu verbessern und stellvertretende Klagen zuzulassen. Präventiv sollten auch die Dokumentationspflichten der Arbeitgeber etwa über abgeschlossene Arbeitsverträge und tatsächliche Arbeitszeiten verschärft werden.

Im vergangenen Jahr wurden laut Bericht 4.736 Ermittlungsverfahren zu Lohnzahlungen registriert. Fälle von schwerer Arbeitsausbeutung seien aus vielen Branchen bekannt. Als Beispiele werden die fleischverarbeitende Industrie, das Transportwesen, die häusliche Pflege und das Baugewerbe genannt.

Zwangsweise Fesselung ans Bett

Mit Blick auf Zwangsmaßnahmen in der allgemeinen Psychiatrie für Erwachsene kritisiert der Bericht einen Flickenteppich an Regelungen in Deutschland. Zudem gebe es keine verlässlichen Daten zu Zwangsmaßnahmen. Problematisch sei etwa eine Regelung in Baden-Württemberg, wo ein Mensch von Freitag bis Dienstag bis zu 120 Stunden ohne richterliche Genehmigung zwangsweise in einer psychiatrischen Einrichtung festgehalten werden kann.

Maßnahmen wie die Unterbringung in Einrichtungen, die zwangsweise Fesselung ans Bett oder die Ruhigstellung durch Medikamente seien massive Eingriffe in die körperliche und seelische Unversehrtheit und in das Selbstbestimmungsrecht von Menschen, sagte Rudolf. Ziel müsse es sein, die Anwendung von Zwang in der gesundheitlichen Versorgung zu vermeiden. Sie empfahl stattdessen den Aufbau eines dichten Netzes ambulanter sozial-psychiatrischer Angebote außerhalb von Kliniken.

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