Gedenken an die Loveparade-Katastrophe in Duisburg am 24. Juli 2010
epd-bild/Marc Vollmannshauser/BILD-POOL
Im Strafprozess zur Loveparade-Katastrophe nutzen Zeugen in unerwartetem Ausmaß die seelsorgerliche Begleitung am Rande der Verhandlungen. "Wir haben gemerkt, dass der Opferkreis der Loveparade größer ist, als wir das ursprünglich im Blick hatten", sagte der Vorstand der Stiftung "Duisburg 24.7.2010", Jürgen Widera, dem epd.
05.12.2018

Dazu gehörten nicht nur die Angehörigen der Todesopfer und die Verletzten, sondern unter anderem auch Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr, die beim Loveparade-Unglück im Jahr 2010 in Duisburg im Einsatz waren und jetzt vor dem Landgericht Duisburg als Zeugen aussagen.

Der mit Spannung erwartete Prozess hatte am 8. Dezember vor einem Jahr begonnen. Die Stiftung bot die seelsorgerliche Begleitung ursprünglich vor allem mit Blick auf die Angehörigen und Verletzten an. Sie wird nach Wideras Worten aber weniger von diesem Personenkreis als von den Zeugen wahrgenommen, die vor Gericht aussagen. Die meisten Zeugen nutzten die Möglichkeit, in Verhandlungspausen oder nach ihrer Aussage mit einem Seelsorger oder Psychologen zu sprechen, sagte der Theologe.

"Wir haben oft erlebt, dass Zeugen stabil in eine Vernehmung hineingehen, die Stunden um Stunden dauert, und irgendwann merkt man, wie sie immer nervöser und unruhiger werden", berichtete Widera. So sei eine Zeugin während ihrer Aussage durch ein Foto, das ihrer Erinnerung widersprach, derart verunsichert worden, dass der Richter eine Pause habe anordnen müssen. Der anwesende Seelsorger habe die Frau in der Pause wieder beruhigen können.

Schwer erträgliche Vernehmungen

"Uns wird immer wieder vom Gericht attestiert, dass wir mit der Begleitung ein Stück Rechtsgeschichte mitschreiben", erläuterte Widera. Ein solches Seelsorge-Angebot, das sich an alle Prozessbeteiligten richtet, habe es während eines Strafprozesses noch nie gegeben. Im Congress Center Düsseldorf, in dem der Strafprozess stattfindet, ist an jedem Prozesstag ein Seelsorger oder Psychologe vor Ort, ein weiterer ist in Rufbereitschaft.

Das Besucherinteresse war bei diesem Prozess auch vonseiten der Angehörigen und Verletzten von Anfang an deutlich geringer als erwartet. Widera führt dies darauf zurück, dass der Strafprozess "in weiten Teilen eine sehr trockene Angelegenheit" sei. Zudem sei es für die Eltern der Todesopfer, die teils im Ausland leben, oft schwer erträglich, wenn sich Vernehmungen zäh hinziehen. Wenn sich Zeugen an bestimmte Ereignisse nicht mehr genau erinnerten, sei das für die Betroffenen nicht nur unbefriedigend, sondern auch belastend.

Hoffnung auf Aufklärung

Für den Fortgang des Prozesses im kommenden Jahr hofft Widera auf eine weitere Aufklärung der Unglücksursachen. "Das wäre auch wichtig für die Angehörigen und viele Verletzte", sagte der Pfarrer, der auch Ombudsmann der Stadt Duisburg für die Loveparade-Opfer ist. "Ich höre immer wieder: Uns geht es nicht um Verurteilungen, sondern darum zu erfahren: Wieso mussten unseren Kinder sterben? Wie konnte es so weit kommen?"

Bei einem Gedränge während der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg mit Hunderttausenden Techno-Fans waren 21 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 600 wurden verletzt.

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