Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten, die einen Niedriglohn erhalten, ist in der Reinigungsbranche besonders hoch.
epd-bild/Norbert Neetz
Wer für weniger als 2.139 Euro brutto in Vollzeit arbeitet, gilt in Deutschland als "Niedriglöhner". Ostdeutsche, junge Menschen und Frauen arbeiten wesentlich häufiger für einen Niedriglohn als andere Beschäftigte. Die Linke fordert ein Umsteuern.
30.11.2018

Im vergangenen Jahr haben rund 4,2 Millionen Vollzeitbeschäftigte zu einem Niedriglohn gearbeitet. Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, arbeitete 2017 jeder fünfte Arbeitnehmer in Vollzeit (19,8 Prozent) für einen Niedriglohn. Das seien etwas weniger als im Vorjahr (20,1 Prozent). Die Linksfraktion und Sozialverbände fordern politische Konsequenzen. Über die Zahlen hatte zuerst die "Bild"-Zeitung (Freitag) berichtet.

Als Niedriglohn ist nach der Definition der OECD ein Bruttostundenlohn, der geringer ist als zwei Drittel des mittleren Lohns. Zu einem Niedriglohn arbeiten damit diejenigen, die 2017 in Vollzeit weniger als 1.733 Euro brutto in Ostdeutschland oder 2.226 Euro brutto in Westdeutschland verdienten. Für Gesamtdeutschland lag die Grenze bei 2.139 Euro brutto.

Hohe Quote in Ostdeutschland

Besonders hoch war die Quote der "Niedriglöhner" im vergangenen Jahr Regierungsangaben zufolge in Ostdeutschland: Dort arbeitete jeder Dritte zu einem solchen Lohn. In Mecklenburg-Vorpommern lag die Quote bei fast 40 Prozent, in Sachsen bei 37 Prozent. Bundesweit seien 27,1 Prozent der vollzeitbeschäftigten Frauen und 16,2 Prozent der Männer zu einem Niedriglohn angestellt gewesen. Von den unter 25-Jährigen hätten rund 40 Prozent für weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns gearbeitet. Ingesamt sei die Zahl der "Niedriglöhner" seit 2010 rückläufig.

Zwischen den einzelnen Branchen zeigen sich starke Unterschiede: So sei der Anteil der Vollzeitbeschäftigten, die einen Niedriglohn erhalten, in den Reinigungs- und Lebensmittelberufen sowie im Gastgewerbe besonders hoch gewesen. Am besten bezahlt seien Arbeitnehmer in der IT und in naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen.

"Politischer Sprengstoff"

Susanne Ferschl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, forderte die Politik zum Handeln auf. "Dieser Befund ist nicht nur für alle betroffenen Beschäftigten eine individuelle Katastrophe, er birgt auch gesellschaftlich gewaltigen sozialen und politischen Sprengstoff." Es brauche einen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro. "So bekämpfen wir Armutslöhne, sichern soziale Teilhabe und geben den Menschen wieder eine Perspektive."

"Es ist skandalös, wenn jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte zum Niedriglohn arbeitet", sagte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. Es brauche gute und fair bezahlte Arbeit für alle. Auch sie fordert eine Anhebung des Mindestlohns auf über zwölf Euro die Stunde, damit Arbeitnehmer im Alter nicht in die Armut rutschen. "Prekäre Beschäftigung wie Leiharbeit und Minijobs muss zurückgedrängt werden."

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