Chirurgische Instrumente in einem Krankenhaus
epd-bild/Heike Lyding
Wirtschaftsinteressen gegen Patientenschutz: Recherchen über gesundheitsschädliche Medizinprodukte sorgen für Diskussionen. Gesundheitsexperten und Krankenkassen fordern nun schärfere Kontrollen und mehr Transparenz für Patienten.
27.11.2018

Gesundheitsexperten fordern einen besseren Schutz von Patienten vor gesundheitsschädlichen Medizinprodukten. "Das System ist zu stark vonseiten der Hersteller gedacht, nicht vonseiten der Patienten", sagte der Medizintechnik-Experte Uvo M. Hölscher vom Aktionsbündnis Patientensicherheit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Krankenkassen fordern strengere Gesetze für einen besseren Patientenschutz.

Laut Recherchen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR hat sich die Zahl der in Deutschland gemeldeten Fälle, bei denen Menschen nach verschiedenen Problemen im Zusammenhang mit Medizinprodukten wie Implantaten, Prothesen und technischen Geräten verletzt wurden oder starben, in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht.

Teilweise ohne klinische Studien oder Tests auf dem Markt

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte an, für "mehr Transparenz und damit mehr Patientensicherheit" sorgen zu wollen. Er wolle "eine industrieunabhängige Stelle" aufbauen, die alle verbauten Implantate erfasst, sagte er der "Rheinischen Post" (Dienstag). Kordula Schulz-Asche, Gesundheitspolitikerin der Grünen, kritisierte den Minister. Er verkaufe "alten Wein in neuen Schläuchen", sagte Schulz-Asche der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag). Auf europäischer Ebene sei eine solche Datenbank längst beschlossen. Zu den Informationen darüber, wie sich Implantate bewährt haben, müssten allerdings auch Ärzte und Patienten Zugriff haben.

Der AOK-Vorstandsvorsitzende Martin Litsch sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstag), die im vergangenen Jahr durch die EU verschärften Regelungen gingen nicht weit genug. Statt der europaweiten Zulassung über private Prüforganisationen wie dem TÜV müsse es eine zentrale Zulassung geben. Nach der aktuellen Regelung können Hersteller ihre Medizinprodukte teilweise ohne klinische Studien oder Tests auf den Markt bringen. Litsch sagte, die Krankenkassen sollten sogenannte Hochrisiko-Medizinprodukte nur noch bezahlen, wenn die Qualität in hochwertigen Studien nachgewiesen sei. Zu diesen Hochrisiko-Produkten gehören etwa künstliche Gelenke oder Herzschrittmacher.

Mehr Transparenz für Patienten und Bürger

Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, forderte eine Verschärfung der Haftungsregeln, wenn ein Medizinprodukt versagt. "Jeder Autofahrer hierzulande muss eine Haftpflichtversicherung abschließen, sonst wird sein Wagen nicht zugelassen", sagte Baas. "Medizinproduktehersteller hingegen können Hunderttausende Patienten mit künstlichen Gelenken und Herzschrittmachern ausstatten und die Risiken einfach ignorieren." Melde ein Hersteller Insolvenz an, gingen die Betroffenen in der Regel leer aus.

Susanne Mauersberg, Referentin für Gesundheitspolitik beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, forderte laut "Südwest Presse" (Dienstag) mehr Transparenz für Patienten und Bürger. Nicht nur Ärzte sollten Verdachtsfälle melden können, sondern auch Patienten. Die Angaben müssten dann in einer Datenbank veröffentlicht werden, verlangte die Verbraucherschützerin.

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