Räumliche Nähe in Mannheim: Kirchturm und Minarett trennen nur wenige Meter.
epd-bild / Norbert Neetz
Die Politik müsse das Politikfeld Religion "sehr viel ernster nehmen als bislang", sagt der Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig.
27.11.2018

Vor dem Start der Islamkonferenz unter Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat der Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig ein anderes Format für religionspolitische Diskussionen gefordert. Die Politik müsse sich insgesamt in Religionsfragen breiter aufstellen und das Politikfeld "sehr viel ernster nehmen als bislang", sagte der Göttinger Jura-Professor dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Ein wichtiger Schritt wäre die Etablierung einer Ministerkonferenz für Religionsfragen analog zur Kultusministerkonferenz", sagte er.

Heinig: Abstimmung der Bundesländer unzulänglich

Heinig argumentierte, die meisten religionspolitischen Fragen fielen in die Länderkompetenz. Die Abstimmung der Bundesländer sei aber völlig unzulänglich. "Das religiös-weltanschauliche Feld verändert sich dramatisch unter dem Eindruck von Säkularisierungs- und Pluralisierungsprozessen. Darauf muss auch die Politik reagieren", forderte er. Sie sei in einem breiten Themenspektrum gefordert, "von Islamverträgen über verschiedenste Modelle des Religionsunterrichts bis hin zur Verleihung von Körperschaftsrechten".

Statt die Chancen föderaler Vielfalt zu nutzen, "wurschteln momentan der Bund und jedes Land je für sich so vor sich hin", kritisierte der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und ergänzte: "Die Deutsche Islamkonferenz versucht hier etwas entgegenzuwirken, aber in der Religionspolitik geht es ja nicht nur um den Islam."

Islamkonferenz in der vierten Auflage

Am Mittwoch will Seehofer den Auftakt für die Islamkonferenz in ihrer inzwischen vierten Wahlperiode geben. Dauerthema seit zwölf Jahren ist die immer noch fehlende Anerkennung muslimischer Religionsgemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts. Diese Organisationsform, die Kirchen und der Zentralrat der Juden haben, beinhaltet Sonderrechte wie den Einzug von Steuern. Bei den Islamverbänden scheitert die Anerkennung vor allem an der unklaren Mitgliederstruktur. Durch fehlende finanzielle Mittel greifen viele Moschee-Gemeinden auf Imame aus dem Ausland zurück, was bei den Verantwortlichen in der Politik auf Argwohn stößt.

Heinig sagte, es sei auch an den Verbänden, brisante Themen wie finanzielle und politische Abhängigkeiten aus dem Ausland, insbesondere aus der Türkei, anzugehen. Für die stockenden Gespräche über eine Anerkennung islamischer Gemeinschaften schlug er ein "Statusklärungsverfahren" vor. "Das könnte man auf staatsvertraglicher Grundlage einführen: Ein Verwaltungsverfahren, in dem der grundlegende Status einer Organisation als Religionsgesellschaft im Sinne des Grundgesetzes geklärt wird", erklärte Heinig.

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