Ein Kameramann bei der Arbeit: Ist sein Blick von fremden Interessen geleitet? (Symbol-Bild)
epd-bild / Gustavo Alabiso
Die Medienkrise mache Zeitungen und Rundfunksender anfälliger für Einflussnahme, sagt Olaf Steenfadt von "Reporter ohne Grenzen".
23.11.2018

Wirtschaftliche Macht wird nach Auffassung des Medienexperten Olaf Steenfadt zunehmend zur Instrumentalisierung von Journalisten eingesetzt. "Zusätzlich zu den Gefahren wie körperliche Bedrohung und rechtliche Einschränkungen, denen Journalisten ausgesetzt sind, kommen wirtschaftliche und technologische Gefahren, die zu Selbstzensur führen", sagte der Mitarbeiter der Journalistenvereinigung "Reporter ohne Grenzen" dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rand eines Symposiums in Berlin. Journalisten gerieten mehr und mehr unter Druck: "Der Feind kann der eigene Chef sein, der bestimmten Interessengruppen folgt, seien es politische, wirtschaftliche oder kirchliche."

Mehr Mischkonzerne

Die Medienkrise mache Zeitungen und Rundfunksender anfälliger für Einflussnahme. Angesichts der Digitalisierung sei Journalismus vielfach nicht mehr profitabel. "Medieneigentümer unserer Generation haben kein Problem damit, Verluste zu realisieren. Sie sehen sie als Investitionen in die öffentliche Meinung, die sie durch Gewinne andernorts in Mischkonzernen ausgleichen", sagte Steenfadt, der bei "Reporter ohne Grenzen" das Projekt "Media Ownership Monitor" leitet, das sich um die Offenlegung der Eigentümerstrukturen von Medien bemüht.

Als Beispiel nannte Steenfadt die Situation in der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan. "In der Türkei gibt es praktisch kein Massenmedium mehr, das nicht zu einem Mischkonzern gehört," sagte er. Staatliche Aufträge spielten in den Bereichen Rüstung, Bau, Energie und Infrastruktur eine wichtige Rolle: "Wenn der Hauptkunde Erdogan heißt und man nebenher noch einen Sender besitzt, brauchen wir keine Zensur mehr."

TV-Werbemarkt in Kolumbien von einem Konzern dominiert

Dieses Muster gebe es in vielen Ländern, vor allem in Osteuropa und Afrika. In Kolumbien habe die ökonomische Dominanz von Medien sogar Auswirkungen auf andere Wirtschaftszweige. In dem südamerikanischen Land kontrolliere der Lülle-Konzern zwei Drittel des TV-Werbemarkts. In seinen Sendern liefern nur Werbespots der eigenen Softdrinks. Andere Getränkefirmen wie Coca-Cola hätten keine Chance. In Ungarn etwa gebe die Regierung die Richtung vor, wo inseriert werde und wo nicht, und andere folgten: "So kann man oppositionelle Medien austrocknen."

Steenfadt äußerte sich bei dem Symposium "Die stille Übernahme - Vereinnahmung von Medien im 21. Jahrhundert", das am Freitag zu Ende geht. Veranstalter war das Forum Medien und Entwicklung, in dem unter anderem auch die Deutsche Welle Akademie, politische Stiftungen und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mitwirkt.

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