Nach dem Tod des Deutschkubaners wurden Blumen und Kerzen am Tatort abgelegt.
epd-bild/Wolfgang Schmidt
Knapp drei Monate nach dem gewaltsamen Tod eines 35-jährigen Deutschkubaners in Chemnitz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag die sächsische Stadt besucht.
16.11.2018

Nach einer Stippvisite beim einheimischen Basketball-Zweitligisten Niners traf sie sich mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU), der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) und anderen Kommunalpolitikern zum Gespräch. Es fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Oberbürgermeisterin Ludwig sagte anlässlich des Besuchs der Kanzlerin: "Wir erleben eine Polarisierung auf allen Ebenen der Gesellschaft, in der gesamten Republik. Was in Chemnitz geschehen ist, hat sogar die Bundesregierung vor eine Zerreißprobe gestellt." Ob Merkels Besuch mehr als eine Geste und für die Stadt eine Unterstützung sei, lasse sich noch nicht sagen. Entscheidend dafür sei, "ob die Bundeskanzlerin einen Beitrag dazu leisten kann zu zeigen, dass Chemnitz anders ist als der vielfach transportierte Eindruck der vergangenen Wochen", erklärte Ludwig.

"Viel zu spät"

Am Nachmittag wollte die Bundeskanzlerin an einem Leserforum der Regionalzeitung "Freie Presse" teilnehmen und sich dort Fragen der Bürger stellen. Chemnitz war nach der tödlichen Messerattacke am Rande des Stadtfestes Ende August wegen gewaltsamer Ausschreitungen in die Schlagzeilen geraten. Rechtsextremisten und Rechtspopulisten hatten den Vorfall für ihre Zwecke instrumentalisiert.

Oberbürgermeisterin Ludwig hatte den Besuch der Kanzlerin in Chemnitz als "viel zu spät" kritisiert. In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Freitag) sagte sie: "Angesichts der Tragweite der Ereignisse im August und der medialen Ausleuchtung, aber auch angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung an deren Interpretation fast zerbrochen wäre, hätte ich mir gewünscht, dass der Besuch eher stattgefunden und die Kanzlerin sich ein Bild vor Ort gemacht hätte."

Journalisten warf Ludwig vor, dass sie "immer die gleichen Bilder, immer die gleichen Zitate, immer die gleichen Geschichten" suchten - insbesondere wenn sie "von weiter her kommen". Selten werde differenziert.

Gemeinschaftlicher Totschlag und Körperverletzung

Der Chemnitzer Daniel H. starb an den Folgen von Messerstichen, zu denen es am 26. August nach einer verbalen Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen gekommen war. Zwei weitere Männer wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz will ihre Ermittlungen bis Januar abschließen. Sie geht von drei Tatverdächtigen aus, der Vorwurf lautet gemeinschaftlicher Totschlag und Körperverletzung. Ein Syrer sitzt in Haft, ein Iraker ist wieder auf freiem Fuß, und ein weiterer Iraker ist den Angaben zufolge noch immer flüchtig.

Die rechtsgerichtete Vereinigung "Pro Chemnitz" hatte für Freitag erneut Proteste angekündigt.

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