Bundestag
epd-bild/Christian Ditsch
Frauen sind in politischen Ämtern weiterhin unterrepräsentiert, obwohl sie mehr als die Hälfte der Bevölkerung stellen. Das muss sich ändern, sagen Kanzlerin und Ministerinnen bei einem Festakt zur Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren.
12.11.2018

Mit einem Festakt ist am Montag in Berlin an die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren erinnert worden. Politikerinnen wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesjustizministerin Katarina Barley (beide SPD) forderten die Einführung einer Frauenquote im Bundestag. Dass die Hälfte der Bevölkerung weiblich sei, solle sich auch im Parlament widerspiegeln, sagte Giffey bei dem Festakt mit 350 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Gesellschaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, Ziel müsse die Parität von Frauen und Männern in den deutschen Parlamenten sein.

Frauenanteil im Bundestag gesunken

Derzeit seien in keinem Parlament in Deutschland Frauen gleichberechtigt vertreten, sagte Giffey. Im Bundestag sei der Frauenanteil nach der vergangenen Wahl sogar um sechs Prozentpunkte auf 31 Prozent gesunken und habe damit den Stand von vor 20 Jahren. Sie betonte, gleiche Teilhabe von Frauen und Männern seien immer noch keine Selbstverständlichkeit und müssten immer wieder neu erkämpft werden. Dabei gehe es um gleichen Lohn für gleiche Arbeit, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und den Schutz vor Gewalt.

Merkel forderte einen gleichen Anteil von Männern und Frauen in politischen Ämtern und Parlamenten. Frauenquoten seien nur ein erster Schritt zur Normalität. Ziel müsse aber Parität sein, sagte Merkel. Es sei zwar einiges erreicht worden an Frauenrechten in den vergangenen 100 Jahren, aber "gerade der Bundestag ist in dieser Legislaturperiode kein Ruhmesblatt". Mit 31 Prozent weiblichen Abgeordneten habe das deutsche Parlament die gleiche Quote wie das Parlament im Sudan.

Schockiert sei sie auch über die geringe Quote an Oberbürgermeisterinnen in Deutschland von rund acht Prozent, sagte die Bundeskanzlerin weiter. Sie bezeichnete die Gleichstellung von Frauen und Männern als elementare Frage der Demokratie und wichtigen Indikator für Gerechtigkeit in einer Gesellschaft. "Davon hängt die Zukunftsfähigkeit eines Landes ab", betonte Merkel. Wichtig sei dabei, Frauen und Männer gleichermaßen im Blick zu haben. Auch Giffey betonte, gleiche Chancen für Frauen und Männer seien gut für die Demokratie.

Verkrustete Strukturen

Über ihre eigene Rolle als erste Bundeskanzlerin in Deutschland sagte Merkel, "eine Schwalbe macht noch keinen Sommer". Dass es sie gebe, dürfe nicht zum Alibi werden, die Gleichstellung nicht weiter voran zutreiben.

Zugleich warnte Merkel vor einer europäischen Überheblichkeit bei Frauenrechten. Gerade viele afrikanische Ländern und Institutionen wie die Afrikanische Union (AU) seien bei der Geschlechtergerechtigkeit weiter als die Europäer.

Die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin, Jutta Allmendinger, kritisierte, dass Frauen sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft nach wie vor unterrepräsentiert seien. Im RBB-Inforadio sagte Allmendinger, das liege vor allem an verkrusteten Strukturen, die sich in Deutschland nur langsam lösten. Auch die Soziologin plädierte für die Einführung einer Quote. In allen Parteien ohne Quote gebe es deutlich weniger Frauen in Ämtern, sagte sie.

Am 12. November 1918 hatte die provisorische Revolutionsregierung aus SPD und USPD, der sogenannte Rat der Volksbeauftragten, das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen im Deutschen Reich verkündet. Frauen durften erstmals am 19. Januar 1919 an der Wahl der verfassunggebenden Nationalversammlung teilnehmen. Bei der Wahl kandidierten 300 Frauen. 37 von ihnen zogen in das Parlament ein. 80 Prozent der wahlberechtigten Frauen gaben ihre Stimme ab.

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