Die Synode berät in Würzburg.
epd-bild/Norbert Neetz
Die evangelische Kirche will sich in Würzburg mit ihrem Stand bei der Jugend beschäftigen. Am ersten Tag der Beratungen dominiert aber ein Thema, bei dem mehr Aufklärung erwartet wird: sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche.
11.11.2018

Die evangelische Kirche hat mehr Anstrengungen bei der Aufarbeitung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in ihren Einrichtungen angekündigt. Nach der katholischen Kirche will auch sie Studien in Auftrag geben, die Aufklärung über die Situation bundesweit erbringen sollen. Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, sagte am Sonntag in Würzburg, das Thema sei für die evangelische Kirche so wichtig, dass es intensiv behandelt werden müsse. Der Anspruch sei, möglichst vollständige Aufklärung zu leisten. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm bat Betroffene von Missbrauch um Vergebung und forderte eine "Null-Toleranz gegenüber Tätern und Mitwissern".

Nach der Vorstellung der von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Studie über Missbrauch durch Priester, Diakone und Ordensangehörige waren Rufe nach einer umfassenderen Aufklärung auch in der evangelischen Kirche lauter geworden. Unter anderem forderte die von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Aufarbeitungskommission eine ähnliche Studie.

Dunkelfeld soll ausgeleuchtet werden

Schwaetzer erklärte, eine der von der evangelischen Kirche geplanten Studien solle Erkenntnisse über das Dunkelfeld beim Thema Missbrauch bringen. Eine andere soll Risikofaktoren für Missbrauch in der Kirche aufzeigen, um daraus Konsequenzen ziehen zu können. Weitere Details sollen am Dienstag besprochen werden. Dann steht das Thema bei der Synode auf der Tagesordnung.

Die Beauftragung der Studien wurde Schwaetzer zufolge am Samstag von der Kirchenkonferenz beschlossen, dem Zusammenschluss der evangelischen Landeskirchen. Der Stand der Aufarbeitung dort ist sehr unterschiedlich. In zehn Landeskirchen gibt es unabhängige Kommissionen. Dort wurden einem der Synode vorliegenden Bericht zufolge bislang 479 Missbrauchsfälle erfasst.

Giffey fordert disziplinarrechtliche Konsequenzen

In einem Grußwort vor der Synode forderte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) die evangelische Kirche dazu auf, in Fällen sexuellen Missbrauchs disziplinarrechtliche Konsequenzen zu ziehen und eine Strafverfolgung zu unterstützen. "Menschen, die Kinder missbrauchen und sie damit für ihr Leben schädigen, haben in keinem Amt der Kirche mehr etwas zu suchen", sagte die SPD-Politikerin.

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte von der evangelischen Kirche schonungslose Aufklärung. Als Institution müsse sie dafür sorgen, dass Missbrauchsfälle nicht nur als Einzelfälle, sondern als institutionelles Versagen betrachtet werden, sagte die Politikerin, die der Synode angehört.

Schwerpunktthema der bis Mittwoch tagenden Synode ist der Glaube junger Menschen, die die Kirche immer weniger erreicht. Alle Altersgruppen gemeinsam müssten Kirche gestalten, sagte der Ratsvorsitzende Bedford-Strohm im Eröffnungsgottesdienst. In seiner Predigt warb er für eine Öffnung der Kirche für junge Menschen und deren Ideen. Weder die "normative Kraft der Grauhaarigen" noch ein "bemühter Jugendkult" dürften in der Kirche vorherrschen. Neue Ideen vor allem junger Menschen bräuchten Platz und Vertrauen. Die 120 Synodalen wollen sich auch mit dem digitalen Wandel und dessen Konsequenzen für die Kirche beschäftigen.

Schwaetzer warnt vor Abschottung

Synodenpräses Schwaetzer forderte zudem, beim Thema Flüchtlinge nicht nachzulassen, das die evangelische Kirche besonders in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigt hat. Was den Umgang mit Geflüchteten angehe, habe sich die politische Situation in den vergangenen Jahren immer wieder geändert. "Die politischen Diskussionen, die immer wieder um Abgrenzung, Ausgrenzung und Abschreckung kreisen, haben auch uns leiser werden lassen", sagte Schwaetzer in ihrem Bericht vor der Synode.

Der Synode der EKD gehören 120 gewählte und berufene Mitglieder aus Kirche, Politik und Gesellschaft an. Sie beschließt Kirchengesetze und den Haushalt der EKD.

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