Blutproben
epd-bild / Gustavo Alabiso
Gen-Tests auf Down-Syndrom bei ungeborenen Kindern könnten bald Kassenleistung sein - ein umstrittenes Thema. Wegen des Risikos anderer Methoden sieht die evangelische Kirche keine ethisch begründbare Alternative dazu. Sie fordert aber mehr Beratung.
02.11.2018

In der Debatte um die umstrittenen Gen-Tests bei Schwangeren befürwortet die evangelische Kirche eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen, fordert zugleich aber eine Stärkung der Beratung von Frauen. Man habe gelernt, "dass wir Schwangerschaftskonflikte nur mit dem Willen der Mutter lösen können", sagte der evangelische Theologe Reiner Anselm am Freitag bei der Vorstellung eines Positionspapiers der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur sogenannten nichtinvasiven Pränataldiagnostik. Das unterscheide die EKD von anderen Kirchen, sagte er.

Tests quasi risikolos

Das Positionspapier wurde von der Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD erarbeitet. Der Rat hat sich die Empfehlungen zu eigen gemacht, wie der Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm im Vorwort schreibt. Anlass für die Schrift ist die Diskussion um die Gen-Tests an Schwangeren, die über eine Blutuntersuchung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sagen, ob das ungeborene Kind das Down-Syndrom (Trisomie 21) hat. Anders als Fruchtwasser- und Plazenta-Untersuchung, die mit einem Fehlgeburtrisiko verbunden sind, werden die quasi risikolosen Tests bislang nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt. Zugelassen sind sie. Für die Kosten müssen die Schwangeren aber selbst aufkommen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss im Gesundheitswesen (G-BA) prüft derzeit, ob die Tests Kassenleistung werden sollen. Wenn die nichtinvasive Methode die Möglichkeit bietet, zuverlässige Informationen bei einem niedrigeren Risiko für Schwangere und das Ungeborene zu erhalten, "lassen sich durchaus Argumente dafür benennen, diese Form der Pränataldiagnostik den bisher üblichen invasiven Methoden vorzuziehen und sie in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen", heißt es im Positionspapier der EKD.

Einbettung in Beratung

Schwerpunkt des 44-seitigen Papiers sei aber der Aspekt der Beratung, betonte der EKD-Bevollmächtigte in Berlin, Martin Dutzmann. "Nichtinvasive Pränataldiagnostik sollte nur in einem verlässlichen Rahmen psychosozialer und ethischer Beratung angeboten und durchgeführt werden", heißt es im Papier. Dort wird gefordert, eine Beratung außerhalb des ärztlichen Rahmens - beispielsweise durch die etablierten Schwangerenberatungsstellen - auch zur Kassenleistung zu machen. "Da liegt schon lange ganz viel im Argen", sagte Dutzmann. Frauen seien oft verunsichert nach den Untersuchungen in der Schwangerschaft.

In der Beratung der Frauen sieht Anselm nach eigenen Worten die einzige Möglichkeit, um eine Verschiebung des gesellschaftlichen Klimas zulasten Behinderter zu verhindern. Kritiker haben die Vermutung, dass die Tests zu einem Anstieg der Abtreibungszahlen führen. "Unvereinbar mit unserer liberalen Rechtsordnung und den mit ihr verbundenen Werten wäre es auch, wenn der verbreitete Einsatz der nichtinvasiven Pränataldiagnostik schrittweise dazu führte, dass einer ganzen Gruppe von ungeborenen Menschen mit bestimmten Eigenschaften (etwa mit Trisomie 21) das Recht auf Leben verwehrt würde", heißt es im Papier.

Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken begrüßte die Stellungnahme der EKD. Die Forderung nach der Einbettung der Diagnostik in "einen gesellschaftlich verantworteten Beratungskontext" liefere "sehr wertvolle Hinweise", sagte er dem epd. Die werdenden Eltern müssten besser dabei unterstützt werden zu entscheiden, welche Untersuchungen auf genetisch bedingte Erkrankungen sie wahrnehmen wollen.

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