Bochum (epd). Den Bochumer Arbeitsrechtler Jacob Joussen hat das Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur kirchlichen Einstellungspraxis nach eigenen Worten überrascht. "Die Entscheidung hat die Vorgaben, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) gemacht hat, offensichtlich sehr eng umgesetzt", sagte Joussen der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag). Das Bundesarbeitsgericht habe den vom Gerichtshof eröffneten Spielraum nicht genutzt. "Gerade bei der fraglichen Stelle wäre es auch vor dem Hintergrund des EuGH möglich gewesen, die Kirchenzugehörigkeit zu verlangen", sagte der Jurist, der dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört.
Konfessionslose Bewerberin soll Entschädigung bekommen
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte am Donnerstag der Berlinerin Vera Egenberger, die sich als Konfessionslose erfolglos um eine Stelle beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung beworben hatte, eine Entschädigung zugesprochen. In der Ausschreibung für die Referentenstelle war neben der fachlichen Qualifikation eine Kirchenmitgliedschaft vorausgesetzt worden. Daraufhin machte die Klägerin eine Diskriminierung aufgrund der Religion geltend.
Joussen hält eine Fortsetzung des Streits am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für möglich: "Die Diakonie wird überlegen müssen, ob man das vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lässt. Denn jetzt fallen BAG und EuGH auf der einen und Bundesverfassungsgericht auf der anderen Seite weit auseinander."
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