Demonstration gegen hohe Mieten in Berlin
epd-bild/Rolf Zoellner
Bis zu 40 Prozent ihres Einkommens geben Haushalte mit geringen Einkommen inzwischen für die Miete aus. Mit einer eigenen Studie macht der Sozialverband Deutschland auf die zunehmende Wohnungsnot aufmerksam.
25.10.2018

Steigende Mieten verschärfen die soziale Ungleichheit: Eine aktuelle Studie des Sozialverbands Deutschland (SoVD) kommt zu dem Ergebnis, dass rund eine Million Haushalte nach Abzug der Miete weniger als den Hartz-IV-Satz zu Leben haben. Dem Gutachten zufolge, das am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, betrifft das in erster Linie Privathaushalte in Großstädten.

Wachsende Ungleichheit

Geringverdiener müssten inzwischen bis zu 40 Prozent ihrer Einkünfte für die Miete aufbringen, heißt es in der SoVD-Studie über die Wohnverhältnisse in Deutschland. Sie kommt zu denselben Ergebnissen wie Londoner und Berliner Wissenschaftler, die Anfang dieser Woche Zahlen zur Belastung durch Wohnkosten vorgelegt und ebenfalls vor wachsender Ungleichheit gewarnt hatten. Während die Wohnkosten für das untere Fünftel der Bevölkerung extrem gestiegen sind, nehmen sie im oberen Fünftel sogar ab - zwischen 1993 und 2013 von 16 auf 14 Prozent.

Seit Anfang der 1990er Jahre steigt die durchschnittliche Miete stärker als das durchschnittliche Einkommen. Da die Niedrigeinkommen prozentual am schwächsten wachsen oder sogar stagnieren, schlagen die Mieterhöhungen in diesen Haushalten am stärksten zu Buche. Dem SoVD-Gutachten zufolge fehlen in den Großstädten inzwischen mehr als 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen für kleine und auch für größere Haushalte.

Zu kleine Wohnungen

Der Engpass bei größeren Wohnungen sei bisher kaum wahrgenommen worden, hieß es. Ein Viertel der Haushalte lebe inzwischen in zu kleinen Wohnungen, weil sie eine größere Bleibe nicht bezahlen können. Die Analyse beruht auf den Bestandsmieten der Jahre 2014 und 2015. Die extremen Mietsteigerungen bei Neuvermietungen in den Großstädten berücksichtigt sie nur teilweise.

Die Bundesregierung geht davon aus, in dieser Legislaturperiode den Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen ermöglichen zu können. Sie will unter anderem den Bestand an Sozialwohnungen sichern und steuerliche Anreize setzen für den Mietwohnungsbau sowie die bisher wirkungslose Mietpreisbremse nachbessern. Grundstücke im öffentlichen Besitz sollen den Kommunen als verbilligtes Bauland zur Verfügung gestellt werden.

"Die neue soziale Frage"

Der Präsident des SoVD, Adolf Bauer, sagte, sein Verband spüre deutlich, dass Wohnen "die neue soziale Frage" sei. Benachteiligte Gruppen konkurrierten um zu wenige bezahlbare Wohnungen. Das treffe insbesondere Alleinerziehende, Rentner, Arbeitssuchende sowie kranke oder behinderte Menschen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Wohnungsnot sei die Empfehlung der Berater des Wirtschaftsministeriums, den Sozialwohnungsbau zurückzufahren und die Mietpreisbremse zu streichen "abenteuerlich", kritisierte Bauer.

Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hatte empfohlen, die Politik müsse sich auf die Ankurbelung des Wohnungsbaus konzentrieren. Die Mietpreisbremse sei ein Investitionshindernis, hatten die Forscher argumentiert. Die Vorschläge waren auch in der Bundesregierung auf Widerspruch gestoßen.

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