Dorfleben in Indonesien
epd-bild/Friedrich Stark
In Indonesien werden geistig Behinderte Menschenrechtlern zufolge noch immer gefesselt und eingesperrt.
02.10.2018

Insgesamt würden rund 18.800 Menschen in dem Inselstaat auf diese Weise misshandelt, heißt es in einem am Dienstag in Jakarta veröffentlichtem Bericht der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch". Die Fesselung ist in Indonesien als "pasung" bekannt und wurde 1977 von der Regierung verboten.

"Human Rights Watch" zitiert in dem Bericht Betroffene, wie den 29-jährigen Rafi. Er sei zu Hause mit einem Plastikseil festgebunden worden, erzählte Rafi, der in einem Rehabilitationszentrum untergebracht ist, den Mitarbeitern der Menschenrechtsorganisation. Auch in dem Zentrum sei er gefesselt worden. Nach Angaben von "Human Rights Watch" sind in Indonesien 57.000 Menschen zumindest einmal in ihrem Leben derart fixiert worden.

Eingesperrt oder angekettet

"Human Rights Watch" dokumentierte nach eigenen Angaben 175 Fälle von "pasung" und erhielt dazu Informationen über weitere 200. "Pasung", indonesisch für "binden", ist eine traditionelle Form der Fixierung von Menschen mit echten oder angeblichen psychischen Erkrankungen. Die Kranken werden in kleinen Räumen, Hütten oder Käfigen eingesperrt oder angekettet. Die Fixierung kann einige Stunden, Tage oder sogar Jahre dauern.

Laut "Human Rights Watch" wird diese Art der Fesselung hauptsächlich in Regionen angewendet, in denen die Menschen keinen Zugang zur Gesundheitsfürsorge haben. Für viele Familien sei eine psychische Erkrankung ein Zeichen für eine Besessenheit durch einen bösen Geist. Andere hätten Angst, dass sich ihre kranken Angehörigen selbst verletzen oder weglaufen. Zudem sei "pasung" in den traditionellen und religiösen Heilzentren in Indonesien weit verbreitet.

Verständnis in der Bevölkerung fehlt

Das indonesische Gesundheitsministerium bezeichnet die Fesselung dem Bericht zufolge als "unmenschlich" und "diskriminierend". Die Regierung habe viele Programme und Initiativen gestartet, um die Praxis zu beenden, bislang allerdings ohne Erfolg. In der Gesellschaft fehle noch immer das Verständnis und Bewusstsein für geistige Gesundheit, zudem mangele es an freiwilliger Arbeit in den Gemeinden.

In dem südostasiatischen Land mit 250 Millionen Einwohnern gibt es laut "Human Rights Watch" nur 48 psychiatrische Kliniken, mehr als die Hälfte davon liegen in vier von Indonesiens 34 Provinzen. Ein Psychiater ist für 300.000 bis 400.000 Menschen zuständig. Daten des Gesundheitsministeriums zeigen zudem, dass 90 Prozent der Menschen, die sich in eine psychische Behandlung begeben würden, keine Möglichkeit dazu haben.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.