Demos Ende August in Chemnitz
epd-bild/Wolfgang Schmidt
Sie nannten sich "Revolution Chemnitz" und gründeten sich kurz nach den gewalttätigen Ausschreitungen in der Stadt: Sieben mutmaßliche Rechtsterroristen sollen bewaffnete Angriffe auf Ausländer und Politiker geplant haben - einen davon am 3. Oktober.
01.10.2018

Der Generalbundesanwalt hat am Montag die Festnahme sechs mutmaßlicher Rechtsterroristen aus dem Raum Chemnitz veranlasst. Die Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren sollen zusammen mit einem 31-Jährigen die terroristische Vereinigung "Revolution Chemnitz" gegründet haben, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Politiker reagierten bundesweit mit Warnungen vor rechter Gewalt.

Anschlag für den Tag der Deutschen Einheit geplant

Den Angaben nach soll die Gruppe Anschläge auf Ausländer und politisch Andersdenkende geplant haben. Ein Angriff war demnach für den Tag der Deutschen Einheit am Mittwoch in Planung. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft sagte, was genau die Gruppe für den 3. Oktober geplant habe und an welchem Ort, "wissen wir derzeit noch nicht".

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hatte bis zum Nachmittag Untersuchungshaft gegen zwei der Beschuldigten angeordnet. Die übrigen Verdächtigen sollten ihm an diesem Dienstag vorgeführt werden.

Laut Bundesanwaltschaft hat sich die Gruppe kurz nach den jüngsten, zum Teil gewaltsamen Ausschreitungen in Chemnitz gegründet, spätestens jedoch am 11. September. Dies gehe aus verdeckter Kommunikation hervor, die in Zusammenarbeit mit dem sächsischen Landeskriminalamt ausgewertet worden sei, sagte die Sprecherin. Diese belege, dass sich die Verdächtigen intensiv bemüht hätten, sich Schusswaffen zu besorgen und "planvoll" vorgegangen seien. Ob die Verdächtigen auch an den von rechtsgerichteten Gruppen organisierten Protesten in Chemnitz Ende August und Anfang September beteiligt waren, sei noch unklar, sagte die Sprecherin.

Festnahme in Sachsen und Bayern

Alle Beschuldigten gehören demnach der Hooligan-, Skinhead- und Neonaziszene in und um Chemnitz an und "sollen sich als führende Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden haben". Sie wurden am Montagmorgen in Sachsen und Bayern festgenommen. In Sachsen seien mehrere Wohnungen und weitere Räumlichkeiten durchsucht worden. Dabei wurden Speichermedien, Schlagstöcke und ein Luftdruckgewehr beschlagnahmt. Mehr als 100 Beamte waren im Einsatz.

Der mutmaßliche Rädelsführer der Gruppe, der 31-jährige Christian K., sitzt bereits seit dem 14. September in Untersuchungshaft. An dem Tag hatten fünf der Verdächtigen in Chemnitz mehrere Ausländer mit Glasflaschen und einem Elektroschocker angegriffen. Ein Mann wurde verletzt. Den bisherigen Ermittlungen zufolge soll die Attacke ein "Probelauf" für den mutmaßlich geplanten Anschlag am 3. Oktober gewesen sein.

Politiker in Berlin und Dresden warnten am Montag vor einer Verharmlosung rechter Gewalt. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, von rechtem Terror gehe "reale und große Gefahr" aus. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, sagte, es zeige sich einmal mehr, wie hoch die Bedrohung durch Rechtsterroristen auch Jahre nach der Enttarnung des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) noch sei.

Gründung einer "Task Force Gewaltdelikte"

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einem entscheidenden Schlag gegen Rechtsextremismus und -terrorismus. Sachsen setze "ein klares Zeichen, dass wir solche rechtsterroristische Strukturen bereits frühzeitig erkennen und zerschlagen", sagte Wöller. Zugleich verkündete er die Gründung einer "Task Force Gewaltdelikte" beim Polizeilichen Terrorabwehrzentrum, die die sächsische Polizei künftig rund um die Uhr unterstützen soll.

Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) sagte, das schnelle Handeln der Behörden zeige, dass der Rechtsstaat "in Sachsen und im Bund" funktioniere. Jedoch müsse der Ermittlungsdruck auf die extrem rechte Szene weiter erhöht werden.

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