Baumhaus im von Umweltschützern besetzten und zum Teil schon geräumten Hambacher Forst.
epd-bild/Guido Schiefer
Die Räumung geht weiter: Die Polizei ist seit Montagmorgen wieder im Hambacher Forst aktiv. Derweil stellt Greenpeace in Berlin ein Rechtsgutachten vor. Demnach ist die Rodung des Waldes derzeit unzulässig.
24.09.2018

Die Polizei räumt seit Montagmorgen wieder Baumhäuser im Hambacher Wald. Das nordrhein-westfälische Innenministerium appellierte am Montag in Düsseldorf an die Aktivisten, ihre Baumhäuser zu verlassen. Nach dem tödlichen Unfall eines Journalisten, der am Mittwoch vergangener Woche von einer Hängebrücke gestürzt war, hatte die Landesregierung einen vorübergehenden Stopp der Räumungsarbeiten verfügt. Ein neues Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace kommt derweil zu dem Ergebnis, dass die geplante Rodung des Hambacher Forsts derzeit unzulässig ist.

Die Polizei Aachen schützte nach eigenen Angaben am Montag die Verkehrssicherungsarbeiten von RWE, bei denen Barrikaden und andere Strukturen entfernt wurden. Greenpeace-Sprecher Christoph Lieven übte scharfe Kritik an der Wiederaufnahme der Räumungen. "Armin Laschet nimmt keinerlei Rücksicht auf den wachsenden friedlichen Protest und assistiert RWE bei den klimaschädlichen Kohleplänen", beklagte Lieven. "Damit gefährdet der Ministerpräsident leichtsinnig den sozialen Frieden in Nordrhein-Westfalen."

Gutachten: RWE darf Bäume nicht fällen

Die Berliner Rechtsanwältin und Verfasserin des Gutachtens für Greenpeace zum Hambacher Forst, Cornelia Ziehm, sagte am Montag, nur wenn es für den Betrieb des Tagebaus Hambach "erforderlich" beziehungsweise "unerlässlich" sei, dürfe der Energiekonzern RWE Bäume fällen. Beides ist laut der Rechtsanwältin nicht gegeben. Hauptbetriebsplan und Braunkohleplan würden die Erlaubnis zur Rodung nämlich an konkrete Auflagen binden.

Der Konzern selbst habe in einer Pressemitteilung vom 11. September eingeräumt, dass eine "betriebliche Notwendigkeit" zu roden erst ab dem 15. Dezember bestehe, sagte Ziehm. Zwar verfüge RWE über die grundsätzliche Befugnis durch die zuständige Bezirksregierung Arnsberg, den jahrhundertealten Forst zu roden. Daraus könne aber nicht das Recht abgeleitet werden, dies in jedem Umfang und zu jederzeit zu tun.

Um die Rodung des Forstes aufzuhalten, hat Greenpeace zudem eine bergbauliche Stellungnahme des in Freiberg in Sachsen ansässigen Beratungsunternehmens Plejades eingeholt. Laut den Bergbau-Experten lässt sich der Tagebaubetrieb weiterführen, ohne dafür schon jetzt das uralte Waldgebiet abzuholzen.

Dazu müsste RWE den Abstand zwischen Waldgebiet und Tagebaukante reduzieren sowie auf der zweiten Sohle deutlich näher an die erste heranbaggern, wodurch die Tagebaukante länger bestehen bleiben könnte. Zudem müsste verstärkt im nordöstlichen Teil des Tagebaus gegraben werden. Mit einer Kombination dieser drei Maßnahmen würde RWE genug Zeit gewinnen, um die Rodung im Hambacher Wald auf den Herbst 2019 zu verschieben, heißt es.

Symbol des Kampfes gegen den Kohle-Abbau

Das Waldstück im Kreis Düren zwischen Köln und Aachen gilt als Symbol des Widerstands gegen den Kohle-Abbau. RWE will dort in Kürze 100 Hektar Wald roden, die Hälfte des noch stehenden Waldgebiets. Für den 6. Oktober planen Umweltverbände eine weitere große Demonstration.

Unterdessen warnten der Bund für Umwelt und Naturschutz und die Klima-Allianz Deutschland vor den Folgeschäden des Braunkohleabbaus. Das Risiko, dass die Steuerzahler für die Schäden aufkommen müssen, sei gestiegen, hieß es. Als Grund nenne eine neue Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag der beiden Umweltverbände die jüngsten Konzernumstrukturierungen bei RWE, Leag und Mibrag. Bisher hätten Bundes- und Landesregierungen versäumt, die Rekultivierung und Ewigkeitsschäden der Tagebaue finanziell abzusichern.

Die vollständige Beseitigung der Bergbau-Folgeschäden verursache Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe und werde mehrere hundert Jahre in Anspruch nehmen. Die Studienautoren empfehlen, die Gelder für die Tagebauschäden zeitnah in einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen und die Haftung der Energiekonzerne per Nachhaftungsgesetz sicherstellen.

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