Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
epd-bild/Christian Ditsch
Die Gedenkstätte Hohenschönhausen kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nach Vorwürfen wegen angeblicher AfD-Nähe von Mitarbeitern geht es jetzt um sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz.
20.09.2018

In der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen gibt es offenbar neuen Ärger. Mitarbeiterinnen werfen nach Berichten der "Berliner Zeitung" (Donnerstag) und des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) einem leitenden Mitarbeiter Missstände im Umgang mit ihnen vor. Die Vorwürfe reichten bis hin zu sexueller Belästigung. Der Direktor der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, reagierte am Donnerstag betroffen auf die Berichte.

"Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein absolutes No-Go", erklärte Knabe. Die Vorwürfe müssten ohne Ansehen der Person geprüft und, wenn sie sich bestätigten, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln geahndet werden, erklärte Knabe. Der Stiftungsrat der Gedenkstätte werde sich in einer Sondersitzung am Dienstag mit den Vorwürfen befassen und über Konsequenzen beraten.

In den zurückliegenden Monaten war die Stasiopfer-Gedenkstätte bereits mehrfach wegen der angeblichen AfD-Nähe einiger Mitarbeiter und Förderer in die Schlagzeilen geraten. Der RBB berichtete am Donnerstag, dass sich sieben Frauen über Belästigungen durch den stellvertretenden Direktor der Gedenkstätte, Helmuth F., beklagt hätten. Dessen Anwalt räumte nach Angaben des Senders Fehlverhalten und Mangel an Sensibilität ein.

Einladungen zu Bier und Wein nach Feierabend

Knabe bedauerte, dass sich die Mitarbeiterinnen weder an den Personalrat noch an die Leitung der Gedenkstätte gewandt hätten. Nach anonymen Beschwerden und einem im August eingestellten Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt sei mit dem Personalrat eine Dienstvereinbarung zum Beschäftigtenschutz und respektvollen Umgang am Arbeitsplatz abgeschlossen und eine Anti-Diskriminierungsbeauftragte ernannt worden, hieß es weiter.

Die ehemaligen Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte hatten sich laut "Berliner Zeitung" Anfang Juni in einem Brief an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gewandt. Sie arbeiteten zwischen 2011 und 2018 in verschiedenen Funktionen und Positionen in der Gedenkstätte.

In dem von der "Berliner Zeitung" online veröffentlichten Brief ist von einer "erschreckenden Regelhaftigkeit übergriffiger Verhaltensmuster" bis hin zu sexueller Belästigung die Rede. Als Beispiele genannt würden etwa das "Eindringen in die Privatsphäre durch persönliche SMS, Whats-App-Gruppen und nächtliche Arbeitsaufträge". Auch habe es Einladungen zu Bier und Wein nach Feierabend gegeben, teilweise in private Wohnungen. Dies sei teilweise mit dem Angebot verbunden gewesen, dort auch zu schlafen, berichtete der RBB.

Authentisches Bild des Haftregimes in der DDR

Die Stasiopfer-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen gilt als einer der wichtigsten Erinnerungsorte für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland. Gebäude und Einrichtung der früheren Stasi-Untersuchungshaftanstalt sind fast unversehrt erhalten geblieben. Die Besucher werden in der Regel von ehemaligen Häftlingen durch das Gelände geführt. Die Anlage vermittelt daher ein sehr authentisches Bild des Haftregimes in der DDR.

Der Sprecher der Senatskulturverwaltung, Daniel Bartsch, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wir sind nach Kenntnis der Vorwürfe intensiv und auf mehreren Ebenen in einem Prozess der Aufklärung." Diese forderte auch die Berliner Landesvorsitzende der Linken, Katina Schubert. Sie gehe davon aus, "dass in der Kulturverwaltung des Landes und des Bundes sehr sorgfältig damit umgegangen wird und dann die Konsequenzen gezogen werden", sagte Schubert der "Berliner Zeitung" (Freitag). Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Daniel Wesener, warf der Führung der Gedenkstätte Versagen vor. Sie habe viel zu lange geschwiegen.

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