Mesale Tolu kurz nach ihrer Rückkehr aus der Türkei am Flughafen Stuttgart
epd-bild/Verena Mueller
Die in der Türkei angeklagte deutsche Journalistin Mesale Tolu hat vor anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Türkei gewarnt.
03.09.2018

Trotz der jüngsten Entspannung zwischen Deutschland und der Türkei habe sich die Lage für Journalisten dort in keiner Weise verbessert, sagte Tolu am Montag in Berlin. So müssten Regierungskritiker, darunter zahlreiche Medienschaffende, weiter mit langen Haftstrafen rechnen.

Gemeinsam mit der Organisation "Reporter ohne Grenzen" forderte Tolu angesichts eines anstehenden "Besuchsreigens" von deutschen und türkischen Politikern die Bundesregierung auf, deutlich öffentlich Stellung zu beziehen zu den Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Der Geschäftsführer der Journalistenorganisation, Christian Mihr, verwies darauf, dass seit Januar mehr als 60 Journalisten in der Türkei zu Haftstrafen verurteilt worden seien. Mindestens 28 seien derzeit inhaftiert. Zudem gebe es eine weiter zunehmende Konzentration der Medien. So gehörten mittlerweile neun von zehn TV-Sendern sowie neun von zehn Tageszeitungen regierungsnahen Unternehmen. Die Bundesregierung müsse sich für die Freilassung der inhaftierten - nicht nur deutschen - Journalisten einsetzen, sagte Mihr.

"Ich werde für meinen Freispruch kämpfen"

Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit ihrer Rückkehr nach Deutschland vor mehr als einer Woche betonte Tolu, dass sie nun auf Jobsuche sei. Gerne wolle sie weiter als Journalistin oder Übersetzerin arbeiten. Vor allem wolle sie sich aber für die Pressefreiheit in der Türkei einsetzen. Zugleich bekräftigte Tolu, zu ihrem Prozess im Oktober in die Türkei zurückreisen zu wollen. "Ich werde für meinen Freispruch kämpfen", sagte sie. Sie wolle ihre Unschuld beweisen. Zugleich räumte sie ein, dass ihr als Urteil eine Haftstrafe in der Türkei drohen könnte.

Tolu und "Reporter ohne Grenzen" äußerten sich anlässlich des Besuchs von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Mittwoch in der Türkei. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wird zudem Ende September zum Staatsbesuch in Berlin erwartet. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will die Türkei Ende Oktober mit einer großen Wirtschaftsdelegation besuchen.

Ehemann darf die Türkei nicht verlassen

Tolu durfte am 26. August nach siebenmonatiger Haft und anschließender Ausreisesperre die Türkei verlassen und ist seitdem wieder in ihrer deutschen Heimat. Sie war Ende April 2017 bei einer Razzia in Istanbul festgenommen worden und saß bis Dezember in Untersuchungshaft. Beim zweiten Prozesstermin im Dezember hatte das Gericht zwar Tolus Entlassung aus dem Gefängnis verfügt, aber ein Ausreiseverbot angeordnet. Tolu hatte vor ihrer Verhaftung für die linke Nachrichtenagentur Etkin News Agency (Etha) gearbeitet. Mit ihr ist unter anderen ihr Ehemann Suat Corlu angeklagt. Seine Ausreisesperre besteht weiterhin.

Die Türkei gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Nach dem Putschversuch im Juli 2016 wurden weit mehr als 100 Journalisten verhaftet und rund 150 Medien geschlossen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Rang 157 von 180 Staaten.

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