Der scheidende UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra'ad Al-Hussein
epd-bild/Marc Engelhardt
Mutige und klare Gegenwehr: Das wünscht sich Seid Ra'ad Al-Hussein gegen Nationalisten und Populisten. Zum Abschied spart der oberste Hüter der Menschenrechte bei den Vereinten Nationen auch nicht mit Kritik an der EU.
29.08.2018

Der oberste Menschenrechtler der Vereinten Nationen macht Nationalisten und Populisten überall auf der Welt für die wachsenden Angriffe auf Menschenrechte verantwortlich. Mit Blick auf die ausländerfeindlichen Aufmärsche in Chemnitz forderte der scheidende UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra'ad Al-Hussein, am Mittwoch in Genf eine mutige und klare Gegenwehr politischer Amtsinhaber. Die Europäische Union rief er auf, in der Migrationspolitik die Menschenrechtsstandards einzuhalten, die sie in anderen Ländern immer wieder fordere.

Andernfalls setze die EU eine Abwärtsspirale mit globalen Konsequenzen in Gang. Äußerungen des italienischen Innenministers Matteo Salvini beschäftigten ihn ebenso wie die politischen Entwicklungen in Österreich oder Ungarn, sagte Seid, dessen vierjährige Amtszeit am Freitag endet. Deutliche Kritik übte der Jordanier auch an US-Präsident Donald Trump. Dessen jüngste Tiraden gegen die freie Presse seien besorgniserregend. "Sollten Journalisten im anstehenden Wahlkampf angegriffen oder verletzt werden, trägt Trump eine Mitschuld." Die internationale Gemeinschaft und die UN müssten das Verhalten Trumps genau beobachten.

Wandel in Äthiopien

Die ausländerfeindlichen Aufmärsche in Chemnitz nannte Seid erschreckend. Bilder von Menschen, die ausgerechnet in einem geschichtsbewussten Land wie Deutschland den Hitlergruß zeigten, hätten ihn in hohem Maße schockiert. Es sei zudem entmutigend zu sehen, wie rechtsextreme Parteien ohne Bewusstsein für die Vergangenheit oder eine Vision für die Zukunft immer wieder Gewalt anheizten. Dabei würden die gleichen Mechanismen genutzt, die Europa bereits im 20. Jahrhundert in ein Trauma gestürzt hätten.

Seids Nachfolgerin wird die ehemalige chilenische Präsidentin Michelle Bachelet. Er bescheinigte Bachelet politisches Gewicht, auch aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen unter dem Pinochet-Regime. Sein Rat an die Nachfolgerin sei, ihre Stimme, ihren Mut und die Kraft des Amtes weiterhin lautstark für Opfer und Unterdrückte einzusetzen.

Selbst in scheinbar hoffnungslosen Situationen sei Wandel möglich, wie etwa das Beispiel Äthiopiens zeige. Dort hätten UN-Menschenrechtler seit dem Wechsel an der Regierungsspitze erstmals ungehinderten Zugang im ganzen Land und diskutierten seit langem erhobene Forderungen.

Massive Verletzung von Menschenrechten

Als dramatisch beschrieb Seid die Lage in Lateinamerika. In Venezuela und Nicaragua müsse die internationale Gemeinschaft schnell und entschieden handeln, um der massiven Verletzung von Menschenrechten zu begegnen. Seid hob zugleich die Bedeutung hervor, die Aufarbeitung und Ahndung von Menschenrechtsverletzungen auch nach Ende einer Krise hätten. So werde auch in Syrien kein dauerhafter Frieden möglich sein, ohne dass Täter vor Gericht gestellt würden. Das UN-Hochkommissariat trage Sorge dafür, dass Menschenrechtsverletzungen nicht vergessen würden.

Der scheidende Menschenrechtskommissar rief Regierungen und den UN-Sicherheitsrat dazu auf, Berichten etwa im Menschenrechtsrat früher zur Kenntnis zu nehmen. So sei dort schon vor Jahren vor der einer Zuspitzung der Lage in Venezuela gewarnt worden. Bis vor kurzem seien diese Warnungen aber etwa in der Region nicht gehört worden. Wenn die Welt in Zukunft Krisen nicht nur begegnen, sondern sie auch verhindern wolle, müsse sich dies ändern.

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