Pegida-Kundgebung in Dresden
epd-bild/Matthias Schumann
Ein ZDF-Team filmt einen "Pegida"-Demonstranten in Dresden. Der empört sich, die Polizei schreitet ein - und hält das Fernsehteam fast eine Stunde lang fest. Nach scharfer Kritik hat sich die Behörde nun geäußert. Doch geklärt ist der Vorfall nicht.
20.08.2018

Die sächsische Polizei hat ihren umstrittenen Einsatz gegen ein ZDF-Filmteam in Dresden verteidigt. Der Dresdner Polizeipräsident Horst Kretzschmar sagte am Montag, die Polizei distanziere sich in aller Deutlichkeit von dem Vorwurf, die freie Berichterstattung der Presse behindert zu haben. "In dem Fall lagen uns Strafanzeigen vor, was uns keinen Ermessensspielraum mehr ließ", sagte Kretzschmar. Der betroffene Reporter Arndt Ginzel widersprach der Darstellung der Behörde. Zuvor hatten Journalistenverbände und das ZDF umfassende Aufklärung gefordert.

Laut ZDF hatte die Polizei Ginzel und einen Kameramann am Rande einer Demonstration des fremdenfeindlichen "Pegida"-Bündnisses am vergangenen Donnerstag in Dresden rund 45 Minuten lang festgehalten. Zuvor hatte sich ein Demonstrationsteilnehmer über die Arbeit des Teams beschwert. Ginzel stellte am Samstag Filmausschnitte des Vorfalls ins Internet und schrieb dazu auf Twitter, sächsische Polizisten machten sich "zur Exekutive von Pegida".

Deeskalierende Maßnahme gegen Filmteam

In dem Video fordert der Demonstrationsteilnehmer das Team auf, ihn nicht zu filmen und geht dabei auf die Kamera zu. Die beteiligten Beamten sprechen bei der Aufnahme der Personalien von einer "polizeilichen Maßnahme" gegen die Journalisten. Das Filmteam war im Auftrag des ZDF-Magazins "Frontal 21" auf der Veranstaltung.

Die Beamten hätten "der drohenden Eskalation" zwischen dem Demonstranten und dem Filmteam entgegenwirken wollen und beide Lager getrennt, erklärte die Polizei am Montag. Dabei seien die Personalien der Beteiligten festgestellt worden. Währenddessen habe der Demonstrant Anzeige wegen Beleidigung gegen den Kameramann erstattet. Daraufhin habe Ginzel den Mann wegen Verleumdung angezeigt.

Ginzel bestreitet Darstellung

Ginzel wies diese Darstellung zurück. Die Beamten hätten zunächst den Presseausweis des Kameramanns kontrolliert, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er selbst sei erst später hinzugekommen und dann ebenfalls kontrolliert worden. Den Grund für die "polizeiliche Maßnahme" hätten die Beamten auch auf mehrmalige Nachfrage nicht genannt. Erst zum Schluss sei der Demonstrant hinzugekommen und habe Anzeige wegen Beleidigung gestellt. "Die Polizei hat den Kameramann nicht geschützt", resümierte Ginzel. Zudem sei die Beleidigung nicht von dem Filmteam ausgegangen.

Der Dortmunder Medienrechtler Tobias Gostomzyk sagte dem epd, das Verhalten der Polizei sei zunächst korrekt gewesen: "Die Polizei darf die Identität von Journalisten aufnehmen." Es stelle sich jedoch die Frage, wie lange das ZDF-Team insgesamt festgehalten wurde. "Auch dies muss letztlich - wie jedes staatliche Handeln - verhältnismäßig sein", erklärte Gostomzyk. Zugleich betonte der Medienrechtler: "Die Anfertigung von journalistischen Filmaufnahmen allein verstößt weder gegen das Recht am eigenen Bild noch gegen das Datenschutzrecht, solange sie zu Berichterstattungszwecken erfolgt."

Bundesweites Aufsehen

Der Vorfall hatte am Wochenende bundesweit für Aufsehen gesorgt. ZDF-Chefredakteur Peter Frey verlangte Aufklärung. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der das Vorgehen der Polizisten verteidigt und die Journalisten indirekt als unseriös bezeichnet hatte, sah sich scharfer Kritik ausgesetzt.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überfall, kritisierte, es sei nicht der erste Vorfall dieser Art gewesen. Neu sei jedoch, "dass der Ministerpräsident ohne Kenntnis der Fakten behauptet, die Polizei habe keine Fehler gemacht". Der Vorfall sei ein "durch nichts zu rechtfertigender Eingriff in die Pressefreiheit" gewesen. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) bezeichnete den Vorgang als "erschreckend und beunruhigend".

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