Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
epd-bild / Norbert Neetz
Nach der Datenschutz- und Grundrechteorganisation Digitalcourage haben auch 13 FDP-Politiker eine Verfassungsbeschwerde gegen den sogenannten Staatstrojaner eingereicht.
20.08.2018

Die 132-seitige Schrift sei am Montag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingegangen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, in Berlin. Das vor einem Jahr beschlossene Gesetz soll der Polizei den Zugriff auf Computer und Smartphone von Verdächtigen erleichtern und das Überwachen von verschlüsselter Kommunikation ermöglichen.

Buschmann betonte, im Zeitalter der Digitalisierung seien Computer und Smartphone unverzichtbare Teile des Lebens. Ungehemmter Zugriff gebe Sicherheitsbehörden in unverhältnismäßiger Weise die Möglichkeit, alles über einen Menschen herauszufinden - angesichts von Angeboten wie Dating-Apps sogar bis hin zur intimsten Privatsphäre. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Staatstrojaners "mal wieder austesten" wolle, was noch an Grundrechtseinschränkungen möglich sei.

Strenge Auflagen

Nach Argumentation der FDP-Politiker verstößt diese Praxis gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Karlsruher Richter hatten Online-Durchsuchungen in einem Urteil im Jahr 2008 an strenge Auflagen geknüpft. Computer seien mit Blick auf die Menschenwürde und Entfaltung der Persönlichkeit inzwischen ein "elementarer Lebensraum", erklärte das Gericht.

Seit dem Urteil habe sich bei der Nutzung von Smartphones und der Größe von Festplattenspeichern sehr viel verändert, betonte Rechtsanwalt Nikolaos Gazeas, der von den FDP-Klägern beauftragte Verfahrensbevollmächtigte. So beschafften sich zwei Drittel der Nutzer etwa Gesundheitsinformationen über das Internet, die meisten hätten zudem stets die GPS-Ortung angestellt. Der Einsatz von Staatstrojanern führe somit zur Live-Überwachung von Menschen und auch ihres gesamten Umfelds. Er sei bereits dann möglich, wenn andere Ermittlungsmaßnahmen schlicht mehr Aufwand bedeuteten.

Von der Partei "mit Wohlwollen" begleitet

Die Verfassungsbeschwerde geht nach Angaben eines FDP-Sprechers nicht von der Partei, sondern von einzelnen Mitgliedern aus. Sie werde aber von der Partei "mit Wohlwollen" begleitet. Unter den Klägern sind neben Leutheusser-Schnarrenberger und Buschmann auch die prominenten Liberalen Gerhart Rudolf Baum, Burkhard Hirsch, Parteichef Christian Lindner sowie FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

Kürzlich hatte erst die Datenschutz- und Grundrechteorganisation Digitalcourage Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hat ebenfalls eine Verfassungsklage gemeinsam mit Rechtsanwälten und weiteren Partnern angekündigt. Unter den Beschwerdeführern sind der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt und der in Deutschland im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar. Beide seien bereits Opfer von Hackerangriffen geworden oder aufgrund ihrer Position besonders gefährdet, hieß es in einer Mitteilung. Die GFF sieht insbesondere die staatliche Schutzpflicht aus dem IT-Grundrecht gefährdet. Denn der Staat muss Sicherheitslücken den Herstellern melden, damit sie geschlossen werden können. Da Staatstrojaner aber genau diese nutzten, bestehe die Gefahr, dass die Lücken geheim gehalten würden, hieß es.

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