Die Kontroverse um den abgesagten Auftritt der Band "Young Fathers" bei der Ruhrtriennale reißt nicht ab: Eine Podiumsdiskussion, die den Konflikt um Antisemitismusvorwürfe eigentlich aufarbeiten sollte, sorgt nun für Ärger bei jüdischen Verbänden.
01.08.2018

Die diesjährige Ruhrtriennale unter dem Titel "Zwischenzeit" soll im Zeichen von Migration und Vertreibung stehen. "Europa hat in diesem Jahr die Grenzen zugemacht und sich in sich selber eingeschlossen", sagte Intendantin Stefanie Carp am Mittwoch bei der Vorstellung des Programms in Bochum. "Umso wichtiger ist ein Programm, das uns mit unterschiedlichen Perspektiven und Narrativen konfrontiert." Derweil sorgt eine geplante Podiumsdiskussion über Kunstfreiheit für Verärgerung bei den jüdischen Verbänden in Nordrhein-Westfalen.

Thema Syrien-Krieg

Vom 9. August bis 23. September werden mehr als 920 Künstler aus rund 30 Ländern Industrieplätze der Metropole Ruhr bespielen. Zu den 17 Spielstätten gehören unter anderen die Jahrhunderthalle in Bochum, das Museum Folkwang in Essen und die Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck. Mit der Uraufführung des Stücks "The Factory" des syrischen Dramatikers Mohammad Al Attar wird auf der Ruhrtriennale auch der Krieg in Syrien thematisiert. Das Theaterstück basiert auf wahren Begebenheiten und wird von syrischen Schauspielern und Musikern in arabischer Sprache mit deutschen und englischen Untertiteln aufgeführt.

Etwas weiter zurück in die Geschichte schaut das Stück "The Head and the Load" von dem aus Johannesburg stammenden Künstler William Kentridge. Im Landschaftspark Duisburg-Nord thematisiert es die Rolle Afrikas im Ersten Weltkrieg und die folgende Kolonialisierung.

Am 18. August will Intendantin Carp mit einer Podiumsdiskussion zur Freiheit der Künste auf eine Kontroverse im Vorfeld der Ruhrtriennale reagieren. Die Einladung, Ausladung und schließliche Wiedereinladung der schottischen Band "Young Fathers" waren hoch umstritten. Die Band hatte sich nicht von der umstrittenen israelkritischen Bewegung BDS (Boycott, Divestment, Sanctions) distanziert und die Wiedereinladung abgelehnt.

Kritik von jüdischen Verbänden

Die jüdischen Verbände in NRW kritisierten am Mittwoch in Düsseldorf, dass an der Podiumsdiskussion keine jüdischen Vertreter teilnehmen. "Die Diskussionsrunde findet nämlich - aus Zufall oder Ignoranz - an einem Samstag, dem jüdischen Ruhetag Schabbat, statt, so dass selbst bei einer Einladung an uns kein gläubiger Jude daran teilnehmen könnte", heißt es in einem Offenen Brief an Carp, den die Landesverbände der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, von Westfalen-Lippe und der Progressiven Jüdischen Gemeinden sowie die Synagogen-Gemeinde Köln unterzeichnet haben.

Es scheine, als wolle die Intendantin die Kritik an ihrem Umgang mit dem Vorwurf des Antisemitismus nicht hören und sich stattdessen Zustimmung vonseiten der Künstlerschaft und des Kulturbetriebs verschaffen, erklärten die Verbände und betonten: "Antisemitismus ist keine Frage der Meinungs- und Kunstfreiheit."

Auf dem Podium sitzen laut Ankündigung der Ruhrtriennale neben Carp die nordrhein-westfälische Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos), der belgische Choreograph und Regisseur Alain Platel, der New Yorker Komponist Elliott Sharp und der Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Ruhrtriennale, Michael Vesper. Pfeiffer-Poensgen hatte die Wiedereinladung der Band "Young Fathers" ebenso wie die jüdischen Verbände kritisiert.

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