Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts (Archivbild)
epd-bild / Gustavo Alàbiso
Der oberste deutsche Richter kritisiert die CSU scharf. Deren Vorsitzender Horst Seehofer reagiert empört und spricht von einer Unterstellung.
26.07.2018

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hat deutliche Kritik an Äußerungen führender CSU-Politiker zur Flüchtlingspolitik geübt. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag) bezeichnete der Jurist den Ausdruck "Herrschaft des Unrechts", den CSU-Chef Horst Seehofer im Februar 2016 im Zusammenhang mit der Aufnahme vieler Flüchtlinge verwendet hatte, als "inakzeptable" Rhetorik. Dadurch seien Assoziationen zum NS-Unrechtsstaat beabsichtigt, die "völlig abwegig" seien. Seehofer wies die Kritik als "Unterstellung" zurück.

Seehofer: Voßkuhle sollte nicht als Sprachpolizist auftreten

Den Vorwurf, er habe mit dieser Rhetorik Assoziationen zum NS-Unrechtsstaat wecken wollen, halte er "für nicht akzeptabel", sagte der heutige Bundesinnenminister der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Er habe hohe Achtung vor dem Bundesverfassungsgericht. "Es hat durch kluge Urteile über Jahrzehnte auch zur Stabilisierung des Rechtsstaats beigetragen", sagte Seehofer: "Aber die jüngste Kritik von Herrn Voßkuhle halte ich für unangemessen, weil der Präsident eines solchen Gerichts nicht Sprachpolizei sein sollte."

Voßkuhle sagte zum Begriff der "Anti-Abschiebeindustrie", den CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Mai mit Blick auf Flüchtlingshelfer und Asylanwälte benutzt hatte: "Wer rechtsstaatliche Garantien in Anspruch nimmt, muss sich dafür nicht beschimpfen lassen."

Zugleich warnte Voßkuhle davor, aus falsch verstandener politischer Korrektheit immer gleich den Populismusvorwurf zu erheben. Zuspitzung gehöre zur politischen Auseinandersetzung. Das Hauptproblem des Populismus sei nicht, dass mit harten Bandagen gestritten werde, sondern dass er die "Grundannahmen unserer pluralen Demokratie" untergrabe.

Allgemein würden Diskussionen über Migration und Flüchtlinge "teilweise ziemlich schrill" geführt und seien "der Komplexität der Situation nicht angemessen", kritisierte Voßkuhle. In der Auseinandersetzung gehe es "viel um Gefühle". Sie ersetzten aber nicht die nüchterne Analyse "und eine rationale Entscheidungsfindung schon gar nicht".

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