Schild eines Jobcenters in Frankfurt am Main
epd-bild/Norbert Neetz
Wer lange Zeit arbeitslos ist, soll mehr Unterstützung bekommen. Sozialverbände begrüßen die Regierungspläne im Grundsatz, forderten jedoch Nachbesserungen.
18.07.2018

Mit einer Förderung in Milliardenhöhe will die Bundesregierung die Jobchancen von Langzeitarbeitslosen verbessern. Den Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums für einen sozialen Arbeitsmarkt brachte das Kabinett am Mittwoch in Berlin auf den Weg. Menschen, die schon seit mehreren Jahren arbeitslos sind, sollen demnach bis zu fünf Jahre mit Lohnkostenzuschüssen gefördert werden. Voraussetzung ist, dass sie sozialversicherungspflichtig bei privaten Unternehmen, Kommunen oder gemeinnützigen Trägern beschäftigt werden.

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist das Ziel

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte: "Insbesondere diejenigen, die schon lange vergeblich nach Arbeit suchen, haben ohne Unterstützung absehbar keine realistische Chance auf einen regulären Arbeitsplatz." Ihnen solle mit dem Teilhabechancengesetz eine neue Perspektive eröffnet und der Weg in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geebnet werden.

Die volle Förderung sollen dem Regelwerk zufolge Menschen erhalten, die mindestens sieben Jahre Arbeitslosengeld II bezogen haben. Im Referentenentwurf vom Juni war zunächst von mindestens sechs Jahren die Rede gewesen. Diese Schwelle wurde aber bei der Abstimmung mit den anderen Ministerien laut einer Sprecherin des Arbeitsministeriums angehoben. So hätten nach dem alten Referentenentwurf rund 1,1 Millionen Menschen zur potenziellen Zielgruppe gehört. Bei einem Mindestbezug von sieben Jahren sind es laut dem aktuellen Regierungsentwurf noch rund 800.000 Personen. Das letzte Wort über die Förderung hat aber das Jobcenter.

Für den geförderten Personenkreis sollen für zwei Jahre die Lohnkosten in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns komplett von der öffentlichen Hand übernommen werden. Danach sollen die Zuschüsse um zehn Prozent pro Jahr gekürzt und vom Arbeitgeber übernommen werden. Die Förderung läuft nach spätestens fünf Jahren aus.

Eine weitere Gruppe von Arbeitslosen, die gefördert werden soll, sind jene, die mindestens zwei Jahre Arbeitslosengeld II bekommen haben. Hier sieht der Entwurf eine Unterstützung für zwei Jahre vor. Dabei sollen im ersten Jahr 75 Prozent, im zweiten Jahr 50 Prozent zu den Lohnkosten hinzugeschossen werden. Bei dieser Zwei-Jahres-Förderung sind die Arbeitgeber verpflichtet, die Beschäftigung danach für mindestens ein halbes Jahr fortzusetzen. Die Lohnkostenzuschüsse sollen durch eine neue Regelung im Sozialgesetzbuch II ermöglich werden.

Vier Milliarden Euro eingeplant

Weiterbildungen sowie ein begleitendes Coaching sollen ebenfalls finanziert werden, damit die Geförderten möglichst langfristig in Arbeit bleiben. Vom Bund sind für die Maßnahmen bis zum Jahr 2022 vier Milliarden Euro eingeplant. Das Gesetz muss noch von Bundestag und Bundesrat gebilligt werden. Es soll im Januar 2019 in Kraft treten.

Sozialverbände begrüßten die Pläne, forderten jedoch Nachbesserungen. Die Arbeiterwohlfahrt lehnt die Orientierung an der Höhe des Mindestlohns ab. Der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler betonte, auch ein sozialer Arbeitsmarkt müsse "auf einer fairen und gerechten Bezahlung basieren, dessen Grundlage der Tarifvertrag" sei. Ähnlich äußerte sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Von der Diakonie hob Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik, die Sorge hervor, die Orientierung am Mindestlohn könnte auch eine "Einladung" sein, Mindestlohn statt Tariflohn zu zahlen.

Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert, erklärte, die geplante Regelung mache es tarifgebundenen Unternehmen, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden schwerer, Arbeitsplätze bereitzustellen. Denn die Finanzierungslücke zwischen Mindestlohn und Tariflohn könnten sie oft nicht mit eigenen Mitteln schließen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte, dass Arbeitslose nicht erst nach sieben Jahren von der Maximalförderung profitieren dürften. Auch der Deutsche Caritasverband monierte, dass die Zielgruppe im Gesetz "eng gefasst" sei.

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