Private Flüchtlingsretter wehren sich, als kriminell abgestempelt zu werden: Ihre Schiffe seien im Mittelmeer unterwegs, weil die EU versage, ihre humanitäre Pflicht zu erfüllen. Auch UN-Hilfswerke mahnen die Verantwortung Europas an.
28.06.2018

Die deutschen Hilfsorganisationen Lifeline und Sea-Watch weisen Vorwürfe zurück, im Zusammenhang mit dem deutschen Rettungsschiff "Lifeline" im Mittelmeer gegen Seerecht verstoßen zu haben. "Wir haben uns an alle internationalen Konventionen gehalten", sagte Marie Naass vom Verein Mission Lifeline am Donnerstag in Berlin: "Jegliche Anschuldigungen weisen wir von uns." UN-Hilfswerke kritisierten unterdessen die Schließung der Häfen Italiens und Maltas für private Rettungsschiffe.

Die Lifeline-Sprecherin sagte, auf der "Lifeline" sei weder ein Transponder ausgeschaltet worden, um eine Ortung des Rettungsschiffes zu verhindern, noch habe man auf eigene Faust gehandelt. "Die italienische Küstenwache hatte ein ständiges Update von uns", betonte Naass. Auch mit dem Auswärtigen Amt in Berlin habe man in Kontakt gestanden.

Ermittlungen angekündigt

Der maltesische Ministerpräsident Joseph Muscat hatte der "Lifeline" mit mehr als 230 Flüchtlingen an Bord vorgeworfen, den Transponder abgeschaltet und Anweisungen der italienischen Behörden ignoriert zu haben. Er kündigte Ermittlungen an.

Die Lifeline-Sprecherin kritisierte, mit den Vorwürfen, die unter anderem von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erhoben worden seien, sollten die Hilfsorganisationen zu Sündenböcken für eine verquere europäische Asylpolitik gemacht werden. Die zivilen Seenotretter operierten aber im Mittelmeer, weil die europäischen Staaten ihrer humanitären Verantwortung nicht nachkämen.

Lifeline und Sea-Watch wandten sich gegen Flüchtlingslager in Nordafrika. "Wir werden keine Flüchtlinge in Asylzentren außerhalb von EU-Staaten bringen", sagte der Vorsitzende von Sea-Watch, Johannes Bayer: "Das wäre der Bruch des internationalen Asylrechts." Die Rückführung von Geretteten nach Nordafrika, wie vielfach gefordert, sei wegen der Menschenrechtssituation dort keine Lösung. Flüchtlinge berichteten von KZ-ähnlichen Zuständen in libyschen Auffanglagern mit Folter und Vergewaltigungen. "Es kann deshalb nur eine gesamteuropäische Lösung geben", betonte Bayer.

Sechs Tage Odyssee

Hilfswerke der Vereinten Nationen appellierten an die EU-Länder, mehr gegen das Sterben von Migranten und Flüchtlingen im Mittelmeer zu unternehmen. Eine abgestimmte, regional abgestützte Politik müsse den tragischen Verlust von Menschenleben beenden, forderten die Hilfswerke UNHCR und IOM in Genf. Das Schließen von Häfen für die Seenotretter sei nicht akzeptabel.

Durch die Schließung der italienischen Häfen wird die Arbeit der zivilen Seenotretter laut Sea-Watch extrem erschwert. Die Fahrt nach Spanien dauere zu lange und bedeute im Umkehrschluss, dass in dieser Zeit keine Menschenleben im Mittelmeer gerettet werden können.

Das Rettungsschiff "Lifeline" war von Italien abgewiesen worden. Nach sechs Tagen Odyssee lief die "Lifeline" am Mittwochabend in den Hafen von Maltas Hauptstadt Valletta ein. Maltas Ministerpräsident Muscat hatte Stunden zuvor die Erlaubnis zur Einfahrt in den Hafen erteilt, nachdem acht EU-Staaten die Aufnahme der mehr als 230 Flüchtlinge an Bord zugesagt hatten. Deutschland ist nicht unter den Aufnahmeländern. Inzwischen hat sich auch das Nicht-EU-Mitglied Norwegen angeschlossen.

"Fatales Signal"

Die maltesische Regierung prüft derweil in einem geschlossenen Aufnahmezentrum die Identität der Ankömmlinge. Für diejenigen, die keine Aussicht auf Asyl haben, soll nach Angaben der Regierung umgehend die Rückführung organisiert werden. Wohin sie abgeschoben werden, ist offen. Die Flüchtlinge waren am Donnerstag vergangener Woche vor der libyschen Küste aus Seenot gerettet worden.

Unterstützung bekommen die Hilfsorganisationen von Linken und Grünen im Bundestag. Der Linken-Abgeordnete Michel Brandt forderte die europäischen Staaten auf, eine zivile Seenotrettung im Mittelmeer aufzubauen. Bis dahin müssten die Hilfsorganisationen unterstützt werden. Die privaten Seenotretter zu kriminalisieren, sei ein "fatales Signal", sagte Brandt.

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Seenotrettung ist schon gut, aber in die richtige Richtung !
VOR Afrika kann nur NACH Afrika gerettet werden, und nicht nach Europa.
Weil die Migranten wissen, dass sie " nach Europa gerettet werden " kommen sie, wüssten sie, dass sie wieder zurück -wohin auch immer -müssten,
würden sie sich eher nicht auf den Weg machen

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