Hass und Mobbing im Internet
epd-bild/Jens Schulze
Hass und Mobbing können journalistische Online-Angebote dominieren. Experten fordern nun Redaktionen auf, mehr in den Dialog mit Lesern zu investieren.
26.06.2018

Debatten und Kommentare in journalistischen Online-Angeboten werden einer Studie zufolge nur selten redaktionell durch einen Moderator begleitet. Zugleich würden aber zunehmend Hassreden und Verleumdungen die Kommentarspalten füllen, heißt es in einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Untersuchung im Auftrag der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Im Ergebnis fordern die Autoren die Medienunternehmen auf, mehr "in den Dialog mit den Nutzern" zu investieren und bei Onlineangeboten eine kompetente Moderation sicherzustellen. Die Endergebnisse der Studie "Hasskommentare im Netz. Steuerungsstrategien für Redaktionen" sollen im Herbst veröffentlicht werden.

Der Dialog mit den Nutzern sei auch aus wirtschaftlichen Gründen wichtig für die Medien, sagte der Medienwissenschaftler Leif Kramp von der Universität Bremen. Stephan Weichert von der Hamburg Media School betonte, Redaktionen könnten nicht Kommentare zu einzelnen Beiträgen zulassen, diese aber dann nicht redaktionell betreuen. Gerade kleinere Redaktionen, die sich eine umfängliche Moderation nicht leisten könnten, sollten die Kommentarfunktionen und Debattenmöglichkeiten in ihren Onlineangeboten auf bestimmte Themen und Beiträge beschränken.

Mehrere Expertengespräche geführt

Für ihre Handreichung für Redaktionen hatten Kramp und Weichert rund 8.500 Nutzerkommentare zu journalistischen Beiträgen auf Facebook und redaktionellen Nachrichten-Websites untersucht. Insgesamt ging es um 16 journalistische Beiträge zu unterschiedlichen Themen bei "RTL Aktuell", "tagesschau.de", "Rheinische Post Online" (RP Online) und Deutschlandradio. Außerdem führten die Medienwissenschaftler mehrere Expertengespräche zum Umgang mit Nutzerkommentaren und "hetzenden Netzdiskursen".

Ein Ergebnis: "Redaktionen können mit relativ überschaubarem Aufwand öffentliche Diskurse zu ihren Gunsten beeinflussen, um das konstruktive Potenzial von Debatten noch stärker auszuschöpfen", so Weichert. In ihrem Zehn-Punkte-Plan gegen Hassrede empfehlen die Wissenschaftler unter anderem "entschieden" zu moderieren, um mit sachlicher Ansprache das "Hausrecht" durchzusetzen. Bei der "direkten Ansprache" sollten Moderatoren auf Spott und Ironie verzichten, auch wenn dies manchmal schwer falle. Zudem sollten durch das Stärken der Gegenrede konstruktive User belohnt werden.

Weiter sprechen sich die Autoren der Studie dafür aus, auch im Nutzerdialog das redaktionelle Vier-Augen-Prinzip anzuwenden. Damit würde einem Moderator noch ein zweiter Redakteur etwa zum Gegenlesen zur Seite gestellt. Unter dem Stichwort "konstruktiver Journalismus" empfehlen Kramp und Weichert zudem das Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten.

Google Germany GmbH beteiligt

"Auf diesem Weg können wir Hassrednern gezielt und wirkungsvoll Einhalt gebieten", sagte Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Auch "Maßnahmen wie Blocking, Einsatz und Bestärkung von Gegenrede sowie strafrechtliche Schritte haben bei überschaubarem Aufwand einen erstaunlichen Effekt." An dem Projekt war auch Google Germany GmbH beteiligt.

Schmid verwies dabei auch auf die bereits laufende Initiative "Verfolgen statt nur Löschen - Rechtsdurchsetzung im Internet". Die Initiative hat seit Februar bereits mehr als 180 Hasskommentare den Ermittlungsbehörden gemeldet. Bei einer Mehrzahl der Verstöße handele es sich um Online-Kommentare, die im Verdacht der Volksverhetzung stehen, sagte Schmid. Zudem seien mehr als 30 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

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