Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD)
epd-bild/Christian Ditsch
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sieht in der Anschaffung von sogenannten Burkinis einen pragmatischen Weg, um die Teilnahme muslimischer Schülerinnen am Schwimmunterricht zu fördern.
25.06.2018

"Das Wichtigste ist ja das Wohl der Kinder, und das heißt nun mal, dass alle Schwimmen lernen", sagte Giffey nach Angaben der "Zeit"-Verlagsgruppe vom Montag bei einer Veranstaltung am Vortag. Wenn Schulen die Teilnahme am Schwimmunterricht förderten, indem sie Burkinis erlauben und ausgeben, sei das zwar nicht gerade optimal und eine schwierige Situation - aber ein pragmatischer Weg. Auf Facebook betonte sie jedoch, dass sie Burkinis im Schwimmunterricht nicht befürworte.

Die Ministerin betonte: "Konsequent müssen wir darin sein, dass alle Kinder am Schwimmunterricht teilnehmen." Wichtig sei nur, dass der Bildungsauftrag im Vordergrund stehe und die Sache "nicht hochstilisiert wird zum Untergang des Abendlandes".

Die Aussagen Giffeys stießen auf teils massive Kritik in den sozialen Medien. Daraufhin veröffentlichte die Ministerin am Montagnachmittag eine Stellungnahme auf ihrer Facebookseite, in der sie klarstellte: "Um es deutlich zu sagen: ich befürworte das Tragen von Burkinis im Schwimmunterricht nicht." Auch eine Ausstattung von Schulen mit Burkinis aus öffentlichen Geldern lehne sie ab. "Aus meiner Sicht haben kleine Mädchen keine sexuellen Reize, die es zu verhüllen gilt."

"Überlebenstechnik wichtiger als die Badebekleidung"

Sie erläuterte, dass einige Mädchen mit ärztlichen Attesten die Teilnahme am Sportunterricht absagten. "Im Ergebnis nehmen Mädchen nicht am Schwimmunterricht teil und lernen deswegen nicht schwimmen. Das kann nicht unser Ziel sein." Die Ministerin unterstrich: "Für mich ist das Vermitteln einer Überlebenstechnik wichtiger als die Badebekleidung."

Die Debatte war vor zwei Wochen entbrannt, weil eine Schule in Nordrhein-Westfalen solche Ganzkörperbadeanzüge angeschafft hatte. Medienberichten zufolge stellte das Pestalozzi-Gymnasium in Herne 20 Burkinis für den Schwimmunterricht von Musliminnen zur Verfügung. 15 Schülerinnen hätten das kostenlose Angebot bereits genutzt, schrieb die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung". Ohne den Ganzkörperanzug wären sie demnach nicht mit männlichen Mitschülern ins Becken gestiegen.

Laut "Spiegel online" waren die Burkinis aber schon 2016 gekauft worden, als Teil eines Hilfeangebots für Schüler, die ansonsten Schwierigkeiten hätten, am Sportunterricht sowie auch am gesamten Schulleben inklusive der Klassenfahrten teilzunehmen. Das Geld stamme von Spenden oder aus Privatinitiativen. Fördermittel seien für den Kauf der Burkinis nicht verwendet worden.

Ein "vernünftiger und gangbarer Kompromiss"

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Aiman Mazyek sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag), der von der Schule beschrittene Weg sei ein "vernünftiger und gangbarer Kompromiss". Doch immer wenn solch vernünftige Kompromisse gefunden würden, wie Menschen religiöse Gebote und Schulpflicht unter einen Hut bringen könnten, "heulen die Islamkritiker reflexartig wieder auf", beklagte er. "Solche Burkini-Pseudodebatten, die nebenbei die Rechten weiter stärken, lenken wieder von den eigentlichen Problemen ab."

Mazyek sagte, er habe von den Kritikern noch nie ein Wort über die eigentliche Probleme in Deutschland bezüglich des Schwimmunterricht gehört und das seien: "Marode und geschlossene Schwimmhallen, fehlende Bademeister und eine Generation von Schülern, die nicht wie ich bis zur Oberstufe jedes Jahr Schwimmen hatte, sondern weitaus weniger und infolgedessen tatsächlich nicht richtig oder sogar gar nicht schwimmen kann. Das ist der eigentliche Skandal."

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