Justizvollzugsanstalt in Berlin-Moabit
epd-bild/Juergen Blume
Die Zahl der Häftlinge in Deutschland, die sich selbst das Leben nehmen, ist in den vergangenen Jahren wieder gestiegen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor, die dem epd vorliegt.
22.06.2018

2016 starben demnach bundesweit 76 Menschen im Justizvollzug durch Suizid - zehn mehr als ein Jahr zuvor. 2013 gab es 50 Suizide hinter Gittern, 2014 waren es 60 und 2015 gab es 66 Selbsttötungen. Seit 1998 wurden insgesamt 1.385 Suizidfälle in Gefängnissen registriert.

Das Bundesjustizministerium räumte laut einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag) ein, dass die Suizidrate unter Gefangenen deutlich höher ist als unter der Wohnbevölkerung. Das erklärt das Ministerium damit, dass viele der Häftlinge schon vor der Haft isoliert gewesen seien, ein geringes Einkommen hätten, unter Suchtproblemen oder psychischen Problemen litten und gewaltbereiter seien. "Dies sind Merkmale, die auch in der Wohnbevölkerung mit einem erhöhten Suizidrisiko einhergehen", so das Ministerium. Zudem gelte auch die Inhaftierung an sich als zusätzlicher Risikofaktor.

Verantwortung des Staates

Die Zahl der Todesfälle in den Gefängnissen insgesamt ist laut Bundesregierung in den vergangenen Jahren ebenfalls wieder gestiegen. Während es 2012 noch 119 waren, waren es 2016 dann 163. Seit 1998 starben 2.931 Menschen in den Haftanstalten.

Die innenpolitische Expertin der Linken, Ulla Jelpke, wies die Erklärung des Ministeriums zurück: "Denn in Haft befinden sich diese stärker gefährdeten Personen in Obhut des Staates, der damit auch die Verantwortung für ihr Wohlergehen übernommen hat", sagte die Abgeordnete dem epd.

Todesfälle in Folge von Gewalt

Sie monierte zudem die Datenbasis: "Wünschenswert wäre eine weitere Untergliederung der Statistiken zu Toten in Haft, die bislang nur Suizide und Unfälle gesondert aufführt. Dann würde deutlich, wie viele Gefangene an Krankheiten oder möglicherweise auch altersbedingt sterben." Auch Todesfälle in Folge von Gewalt gingen bislang in der allgemeinen Statistik unter.

Jelpke forderte eine bessere medizinische Versorgung für Inhaftierte, insbesondere durch freie Arztwahl sowie die Möglichkeit der Gefangenen, einen Vertrauenspsychologen zur Rate zu ziehen. "Das könnte die Todesrate hinter Gittern mit Sicherheit senken." Nötig sei auch, dass Häftlinge mehr Perspektiven hätten und auf Resozialisierung hoffen könnten. Nach wie sei der Strafvollzug in der Praxis auf Wegsperren ausgerichtet. Jelpke: "Notwendig wäre eine generelle Reform des Strafvollzugswesens mit einer ganz klaren Orientierung auf die Resozialisierung der Gefangenen."

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