Gemeinsames Gebet in der Kapelle des Ökumenischen Zentrums in Genf: Papst Franziskus mit dem Generalsekretär des Weltkirchenrats, Olav Fykse Tveit, und der Vorsitzenden des ÖRK-Zentralausschusses, Agnes Abuom.
epd-bild/Albin Hillert/WCC
Es war ein historischer Besuch: Nach seinen Vorgängern Paul VI. und Johannes Paul II. kam Papst Franziskus am Donnerstag zum Weltkirchenrat in Genf. Dort äußerte er seinen Wunsch nach gemeinsamem Handeln der christlichen Kirchen.
22.06.2018

Der Ehrengast des Tages machte klar, was ihm am Herzen liegt. Die "Einheit unter uns" solle wachsen, unterstrich Papst Franziskus. Es war ein klares Bekenntnis des Oberhaupts der Katholiken zur Ökumene. Der 81-Jährige war zur Feier des 70-jährigen Bestehen des Weltkirchenrates nach Genf gereist. "Ich wollte persönlich an den Feierlichkeiten dieses Jahrestages des Rates teilnehmen, auch um den Einsatz der katholischen Kirche für die ökumenische Sache zu bekräftigen", betonte Franziskus am Donnerstag beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf.

Zur Begrüßung schloss der ÖRK-Generalsekretär, der Norweger Olav Fykse Tveit, den Papst aus Argentinien in die Arme. Die Mitarbeiter des Rates jubelten dem Oberhaupt der Katholiken zu. Tausende Fotos mit dem Pontifex wurden geschossen. Und als Geschenk des ÖRK nahm Franziskus ein Kreuz entgegen, das ein taubstummer Mann aus Kenia geschnitzt hatte.

Zusammen für eine bessere Welt

Tatsächlich signalisierte die eintägige Visite des Papstes beim Weltkirchenrat auch einen großen Schritt hin zu mehr Gemeinsamkeit unter den Christen. Sowohl der Papst als auch die Vertreter der 348 Kirchen des Dachverbandes betonten ihre Entschlossenheit, sich zusammen für eine bessere Welt starkzumachen.

Sehr plastisch brachte das die Moderatorin des ÖRK-Zentralausschusses auf den Punkt. "Wenn Du schnell gehen willst, dann gehe allein. Wenn Du weit gehen willst, dann gehe mit anderen zusammen", sagte die Kenianerin Agnes Abuom, ein afrikanisches Sprichwort zitierend. ÖRK-Generalsekretär Tveit hob hervor, "dass wir für alle jene, die in Not sind, mehr tun können".

Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, sprach von einem "kirchenhistorischen Ereignis". Immerhin hatte es mehr als drei Jahrzehnte gedauert, bis wieder ein Papst den Weg nach Genf gefunden hatte. Bislang hatten nur zwei Oberhäupter der katholischen Kirche der Ökumene-Zentrale ihre Aufwartung gemacht. Paul VI. kam 1969, Johannes Paul II. 1984. Beide verknüpften die ÖRK-Visite mit weiteren Terminen. Franziskus hingegen besuchte als "Pilger" nur den ÖRK, bei keiner der vielen anderen Institutionen in der UN-Stadt Genf legte er einen Stopp ein.

Opfer von Ungerechtigkeit

Franziskus skizzierte auch, wo ein gemeinsames Vorgehen der Kirchen immer notwendiger wird: bei der Unterstützung der Armen, der Entrechteten, der Ausgegrenzten. Die Schwachen würden weltweit immer stärker an den Rand gedrängt, beklagte er. Viele Menschen in aller Welt müssten ein Leben "ohne Brot, Arbeit und Zukunft" fristen, erklärte der Papst.

Die Reichen hingegen würden immer reicher, kritisierte Franziskus. Überall auf der Welt seien Menschen Opfer von Ungerechtigkeit. Der Pontifex forderte die Christen aller Konfessionen auf, ihren verfolgten Glaubensbrüdern zu helfen. Viele Christen, vor allem im Nahen Osten, müssten aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit leiden. "Seien wir ihnen nahe", forderte Franziskus.

Zudem rief der Papst alle christlichen Kirchen auf, die Evangelisierung zu intensivieren. "Das, was wir wirklich brauchen, ist neuer Schwung", betonte Franziskus. Ein Schub bei der Verbreitung der christlichen Botschaft würde auch die Einheit unter den Gläubigen fördern.

Dicht getaktetes Programm

Dem Weltkirchenrat gehören protestantische, anglikanische, orthodoxe und altkatholische Kirchen sowie Freikirchen mit rund 560 Millionen Christen an. Die römisch-katholische Kirche, die rund 1,4 Milliarden Gläubige vereint, arbeitet seit den 60er Jahre in wichtigen Gremien mit. Eine Mitgliedschaft der katholischen Kirche wird aber weder vom Vatikan noch vom Weltkirchenrat in Erwägung gezogen. Die katholische Kirche ist schlicht zu groß für den ÖRK.

Das dicht getaktete Programm des Papstes endete am Abend mit einer öffentlichen Messe, an der Zehntausende Menschen teilnahmen. Kurz nach dem Gottesdienst wollte sich Papst Franziskus auf den Heimweg nach Rom machen.

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