Jens Spahn
epd-bild/Friedrich Stark
Demenzkranke Pflegebedürftige bekommen seit dem vorigen Jahr mehr Leistungen, das ist gewollt. Aber die Pflegeversicherung rutscht stärker ins Defizit als vorausgesehen. Gesundheitsminister Spahn stellt die Bürger auf höhere Beiträge ein.
13.06.2018

Die Bürger müssen bald wieder höhere Pflegebeiträge zahlen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte am Mittwoch in Berlin, die Beiträge müssten Anfang 2019 um mindestens 0,3 Prozentpunkte steigen, um die Pflegeversicherung zu stabilisieren. Der CDU-Politiker verband seine Ankündigung mit der Forderung, im Gegenzug den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung stärker zu senken als geplant. Dazu ist die SPD bisher nicht bereit.

Der Beitrag zur Pflegeversicherung beträgt derzeit 2,55 Prozent und für kinderlose Versicherte 2,8 Prozent des Bruttoeinkommens.

Drei Milliarden Minus

Die Pflegeversicherung steuert nach Berechnungen des Spitzenverbandes der Kranken- und Pflegekassen sowie des Bundesgesundheitsministeriums auf ein höheres Defizit zu als vorausgesehen. Es wird Ende des Jahres bei mindestens drei Milliarden Euro liegen. Der Hauptgrund sind die Pflegereformen der vergangenen Jahre. Insbesondere in der ambulanten Pflege erhielten die Menschen und ihre pflegenden Angehörigen höhere Leistungen, sagte Spahn. Das sei auch so gewollt.

Ein Ausgabenplus von 1,1 Milliarden Euro pro Jahr ist den Berechnungen zufolge allein darauf zurückzuführen, dass seit der Reform mehr Menschen als vorhergesehen erstmals Leistungen aus der Pflegeversicherung bekommen und viele höher eingestuft wurden als erwartet - insgesamt 100.000.

Lohnzuwachs

Mit einer Beitragserhöhung von 0,3 Prozentpunkten könne die Pflegeversicherung bis 2022 stabil gehalten werden, sagte Spahn. Allerdings sei ein Teil der von der Koalition beschlossenen Reformen darin noch nicht eingepreist, unter anderem Lohnsteigerungen für Pflegekräfte.

Der SPD-Gesundheitsexperte und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach rechnet zudem mit spürbaren Mehrausgaben der Pflegeversicherung durch Lohnzuwächse für die Pflegekräfte. Er sagte der "Rhein-Neckar-Zeitung" (Mittwoch): "Die Lohnkosten werden in den nächsten Jahren um 20 bis 30 Prozent steigen." Dadurch werde auch mit deutlich steigenden Pflegebeiträgen zu rechnen sein.

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende, Hermann Gröhe (CDU), der als Bundesgesundheitsminister die jüngste Pflegereform umgesetzt hatte, sagte, an den Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag über Verbesserungen in der Pflege sollten keine Abstriche gemacht werden. Er machte sich wie Spahn dafür stark, angesichts der hohen Rücklagen bei der Bundesagentur für Arbeit den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung stärker zu senken als geplant: "Wir haben dafür sehr gute Argumente", sagte er.

Rücklage schmilzt

Union und SPD wollen den Arbeitslosenbeitrag eigentlich nur um 0,3 Prozentpunkte senken. Aus CSU und CDU gibt es aber Forderungen nach einer Senkung um 0,5 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent des Einkommens. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat dies bisher stets abgelehnt.

Die Ausgaben der Pflegeversicherung lagen im vorigen Jahr bei 35,5 Milliarden Euro. Nach Jahren im Plus schloss die Versicherung erstmals wieder mit einem Defizit von 2,4 Milliarden Euro ab, wodurch die Rücklage von 9,3 Milliarden Euro im Jahr 2016 auf 6,9 Milliarden Euro im vorigen Jahr sank. Die Pflegebeiträge waren zuletzt Anfang 2017 erhöht worden.

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