Ein Mann füllt einen Hartz-IV-Antrag aus.
epd-bild/Norbert Neetz
Die Jobcenter sollten sich mehr um die Qualifizierung und Vermittlung von Arbeitslosen kümmern statt um finanzielle Strafen, fordert Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.
11.06.2018

Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert, finanzielle Strafen für Hartz-IV-Bezieher abzuschaffen. "Es ist geradezu absurd, welch ein Sanktionsapparat hier aufgebaut ist, um nach vereinzelten Leistungsverweigerern zu fahnden und sie abzustrafen", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Jobcenter sollten sich stattdessen mehr um die Qualifizierung und Vermittlung der Arbeitslosen kümmern.

"Verschusselte Termine"

Lediglich drei Prozent der rund 1,6 Millionen arbeitslosen Hartz-IV-Bezieher werden laut Schneider sanktioniert - in der Regel nicht, weil sie ein Jobangebot abgelehnt hätten, sondern wegen "verschusselter Termine". Derartige Versäumnisse können die Jobcenter mit zeitlich begrenzten Kürzungen des Hartz-IV-Regelsatzes von derzeit 416 Euro bestrafen.

"Der Sanktionsapparat dient in erster Linie dazu, gegenüber der Öffentlichkeit die Problematik von Langzeitarbeitslosigkeit zu individualisieren und die Schuld dem Einzelnen zuzuschreiben", sagte Schneider. Die Diskussion darüber müsse endlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden. "Die sehr schlechte Vermittlungsquote der Arbeitsverwaltung, die bei rund sechs Prozent liegen dürfte, rührt ja nicht daher, dass die Arbeitslosen nicht wollen."

Sozialer Arbeitsmarkt "überfällig"

Hauptgrund hierfür seien fehlende Arbeitsstellen und individuelle Vermittlungshemmnisse wie mangelnde Qualifikationen oder auch Probleme wie gesundheitliche Einschränkungen. Schneider: "Wir wissen, dass etwa 400.000 Langzeitarbeitslose im Hartz-IV-Bezug derzeit auf dem ersten Arbeitsmarkt so gut wie gar nicht vermittelbar sind." Für die schwer Vermittelbaren forderte er einen sozialen Arbeitsmarkt. "Er ist überfällig." Denn es gebe ein "moralisches Recht auf Arbeit, die ja mehr bedeutet als Gelderwerb. Arbeit ist die Nabelschnur zu dieser Gesellschaft."

Es gehe dabei um Arbeitsplätze, in denen Potenziale von Menschen geweckt und gefördert werden, die sehr lange aus dem Arbeitsprozess draußen waren. Wo nötig, sollte die Jobvermittlung mit sozialer Arbeit flankiert werden, um die Menschen nicht zu überfordern. "Solche Arbeitsplätze brauchen wir nicht nur im gemeinnützigen Sektor, sondern sie können durchaus auch bei gewerblichen Betrieben angesiedelt sein, wenn die entsprechende Begleitung eingerichtet und sichergestellt werden kann", sagte Schneider.

Er begrüßte in diesem Zusammenhang die Absicht der Bundesregierung, 150.000 Stellen in einem sozialen Arbeitsmarkt zu schaffen. Das Volumen sei allerdings angesichts deutlich mehr Arbeitsloser und sehr schwer vermittelbarer Menschen zu gering.

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