Kulturstaatsministerin Grütters
epd-bild/Christian Ditsch
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat sich für eine umfassende Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte ausgesprochen.
07.06.2018

Diese sei viel zu lange "ein blinder Fleck" gewesen, sagte Grütters am Donnerstag in Berlin. Dabei sei die Erinnerungsarbeit an den deutschen Kolonialismus auch mit "enormen moralischen, juristischen und politischen Herausforderungen" verbunden, sagte die CDU-Politikerin zur Eröffnung eines Symposiums im Deutschen Historischen Museum (DHM) zum künftigen Umgang mit kolonialer Raubkunst. Grütters warb zugleich für eine Versöhnung mit den Herkunftsstaaten.

Moralisch aufgeladenes Gebiet

Auch DHM-Chef Raphael Gross plädierte für eine offene Debatte zum Umgang mit Objekten mit kolonialer Vergangenheit. Das Thema Provenienz, also die Herkunft von Kunstwerken und Kulturgütern, sei zuletzt zu einem "moralisch aufgeladenen Gebiet avanciert". Nach der zwingend notwendigen Klärung der Herkunft von betroffenen Exponaten müsse über den künftigen Umgang damit offen diskutiert werden. Neben einer möglichen Restitution sollten auch die Möglichkeiten einer Kooperation oder der Verbleib von Exponaten in deutschen oder anderen Museen geprüft werden.

Gross betonte zugleich: "Es ist überraschend, wie wenig Emotionen und wie wenig Diskussionen um historische Gerechtigkeit sich über Jahrzehnte hinweg hier in Deutschland mit dem Thema des deutschen Kolonialismus verbanden." Für die deutsche Erinnerung habe das Thema bis vor wenigen Jahren praktisch keine Rolle gespielt. "Dabei hätte man durchaus Verbindungen ziehen können zwischen rassistischem Denken, kolonialer und antisemitischer Praxis und nationalsozialistischer Herrschaft."

Rückgabeersuchen Namibias

Anlass für das Berliner Symposium war auch ein aktuelles Rückgabeersuchen Namibias für die "Wappensäule von Cape Cross", die bislang im DHM ausgestellt ist. Die Steinsäule mit Kreuz war 1486 von einem portugiesischen Seefahrer an der Küste des heutigen Namibias aufgestellt worden. Während der deutschen Kolonialzeit wurde sie zunächst nach Kiel und später nach Berlin gebracht. Für die heutige namibische Bevölkerung stehe die Säule für den Beginn kolonialer Machtverhältnisse, sagte Gross. Für die Portugiesen sei die Säule Teil einer imperialen Entdeckergeschichte unter kämpferisch-christlichen Vorzeiten. Für die Deutschen sei sie Teil ihrer kolonialen Vergangenheit.

Rückgabeersuchen von namibischer Seite hatte es bereits mehrfach gegeben. Dennoch gebe es für die Rückgabe der Wappensäule derzeit keine verbindliche Grundlage nach internationalem Recht, sagte der Museums-Chef.

Außereuropäische Exponate im Humboldt-Forum

Zum geplanten Humboldt-Forum in Berlin, wo auch zahlreiche außereuropäische Exponate gezeigt werden sollen, sagte Grütters, es sei das bedeutendste Kulturprojekt Europas. Auf rund 41.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche würden "die großen Themen der Menschheitsgeschichte erzählt". Das Humboldt-Forum werde sich als zentraler Platz den Weltkulturen widmen.

Abgebildet werden solle unter anderem das "große Thema der Migration", das es schon immer in der Menschheitsgeschichte gegeben habe, sowie "die Rolle der Religionen", kündigte Grütters an. Voraussetzung für die Präsentationen im Humboldt-Forum sei eine Zusammenarbeit mit Partnern aus Afrika, Asien und Europa. Am Ende eines Besuchs solle "die Erkenntnis stehen, dass uns Menschen mehr verbindet, als uns trennt", betonte Grütters. Das rund 600 Millionen Euro teure Humboldt-Forum im Berliner Schloss soll nach den bisherigen Planungen Ende 2019 eröffnet werden.

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