Das "Spiegel"-Verlagsgebäude
epd-bild / Stephan Wallocha
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" muss im Streit um seine Berichterstattung über die Zustände in der angeschlagenen HSH Nordbank keinen "Nachtrag" abdrucken.
07.06.2018

Denn die Presse sei nicht grundsätzlich zu einer fortlaufenden Berichterstattung über ein bestimmtes Thema verpflichtet, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 666/17)

Konkret ging es um einem "Spiegel"-Beitrag vom August 2010, in dem das Nachrichtenmagazin interne Zustände in der HSH Nordbank thematisierte. Die Landesbank war in der Finanzkrise 2008 in Schwierigkeiten geraten. In dem "Spiegel"-Artikel wurde der Verdacht geäußert, dass ein Vorstandsmitglied vertrauliche Informationen an Journalisten weitergegeben habe.

HSH-Justiziar verlangte Richtigstellung

In diesem Zusammenhang wurde auch der damalige HSH-Chefjustiziar erwähnt, der daran beteiligt sein könne. Das Ermittlungsverfahren gegen den Juristen hatte die Staatsanwaltschaft später "mangels hinreichenden Tatverdachts" eingestellt. Der Justiziar verlangte daraufhin, dass das Nachrichtenmagazin eine vorformulierte Richtigstellung veröffentlicht.

Das Oberlandesgericht Hamburg gab dem statt. Lediglich die Überschrift sollte von "Richtigstellung" in "Nachtrag" geändert werden. Unter anderem sollte "Der Spiegel" erklären, dass er aus heutiger Sicht den im Artikel geäußerten Verdacht über die Beteiligung an Abhörmaßnahmen nicht mehr aufrechterhält. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Pflicht zum Abdruck des "Nachtrags".

Pressefreiheit verletzt

Doch damit wurde das Nachrichtenmagazin in seiner Meinungs- und Pressefreiheit verletzt, wie nun das Bundesverfassungsgericht entschied. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung habe "Der Spiegel" in zulässiger Weise über den Verdacht gegen den Chefjustiziar berichtet.

Faktisch sei das Nachrichtenmagazin mit dem "Nachtrag" aber zur Korrektur seines Artikels und einer neuen Bewertung verpflichtet worden, rügte das Bundesverfassungsgericht. Dies entspreche einer "Richtigstellung". Diese komme aber nur in Betracht, wenn der Bericht zum Zeitpunkt der Veröffentlichung falsch gewesen sei.

Allenfalls hätte eine "nachträgliche Mitteilung" verlangt werden können, in der auf die Einstellung des Ermittlungsverfahrens hingewiesen wird, erklärte das Gericht. Eine Pflicht zur eigenen neuen Bewertung des Falles bestehe nicht. Die Presse sei nicht zur fortlaufenden Berichterstattung über ein einmal aufgegriffenes Thema verpflichtet. Ähnlich hatten die Verfassungsrichter bereits vor einem Jahr argumentiert, als sie einem entsprechenden Eilantrag des "Spiegels" stattgaben.

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