Eine Pflegerin misst Blutdruck.
epd-bild/Jürgen Blume
Für die Diakonie und die Linkspartei ist das Pflege-Sofortprogramm der großen Koalition "ein Witz". Andere begrüßen es als ersten Schritt und hoffen auf bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Die ambulante Pflege sei aber vergessen worden.
24.05.2018

Das Pflege-Sofortprogramm der großen Koalition stößt auf scharfe Kritik bei Pflegeexperten und Sozialverbänden, aber auch auf Erleichterung. "Dieser Aktionsplan ist leider ein Witz", sagte der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). "Mit diesen 13.000 Symbolstellen gewinnen wir nichts in diesem Land." Spahn stehe vor einer Bewährungsprobe, sagte der Chef des evangelischen Wohlfahrtsverbands. Der Minister müsse nachhaltige Reformen durchsetzen. Ähnlich äußerte sich der Parteivorsitzende der Linken, Bernd Riexinger.

Die Koalition will mit zusätzlichen Pflegekräften und mehr Geld den Anfang machen für eine Trendumkehr in der Alten- und Krankenpflege. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte einen Gesetzentwurf an und stellte Eckpunkte vor. Danach sollen 13.000 neue Stellen in Altenpflegeheimen geschaffen werden, mindestens eine halbe Stelle für kleine Heime und bis zu zwei Stellen in großen Einrichtungen. Krankenhäuser erhalten die Garantie, dass alle zusätzlichen Pflegestellen sowie Lohnerhöhungen künftig vollständig refinanziert werden.

"Halbherziges Vorgehen"

Linken-Parteichef Riexinger nannte das Programm ein "Dokument des Scheiterns und Versagens des Gesundheitsministers". Was Spahn einen ersten Schritt nenne, nenne die Diakonie einen Witz, so Riexinger. Doch das scheine den Minister nicht zu beeindrucken. Nach Auffassung der Linken fehlen in Krankenhäusern und Altenheimen bereits 140.000 Pflegekräfte.

Der Sozialverband VdK geht von 60.000 fehlenden Personalstellen aus. VdK-Präsidentin Verena Bentele, betonte in der "radioWelt am Morgen" im Bayerischen Rundfunk: "Da muss deutlich mehr passieren". 13.000 Stellen seien zu wenig. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sprach von einem halbherzigen Vorgehen Spahns. "Die großen Probleme Personalmangel und Bezahlung in der Altenpflege werden nicht gelöst", erklärte Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Außerdem plane Spahn kein Programm für die ambulante Pflege. In diesem Bereich seien die Beschäftigten jedoch genauso belastet.

Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Westig, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, bereits heute könnten offene Stellen nicht besetzt werden: "Der Markt ist leergefegt." Laut Bundesregierung sind in Deutschland mehr als 35.000 offene Pflegestellen derzeit nicht besetzt.

Gute Bezahlung gefordert

Die Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK), Christel Bienstein, reagierte indessen erleichtert auf die Ankündigungen Spahns. Endlich werde der Fokus auf die "katastrophalen Arbeitsbedingungen" in der Pflege gelegt. Das Sofortprogramm sei gleichwohl unzureichend, weil es die kritische Situation in der ambulanten Pflege nicht verbessere. Der DBfK beziffert die Personallücke in der professionellen Pflege insgesamt auf 100.000 Vollzeitstellen.

Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, lobte die Eckpunkte ebenfalls als ersten Schritt. Der zweite müsse umgehend folgen. "Jetzt sofort müssen wir konkrete Vorschläge in Gesetze gießen, wie wir zügig nicht nur mehr Pflegekräfte finanzieren, sondern wie wir sie finden und im Beruf halten", sagte Westerfellhaus den Funke-Zeitungen. Erfolgsversprechend seien eine gute Bezahlung, Arbeitszeitreduzierung bei vollem Lohnausgleich sowie neue Ausbildungskonzepte vom Pflegehelfer bis zum Uni-Abschluss.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.