Pflege eines bettlägerigen Mannes
epd-bild / Werner Krüper
Endlich wendet sich die Politik den Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte in Deutschland zu. Gesundheitsminister Spahn versteht das Sofortprogramm für mehr Stellen in der Alten- und Krankenpflege als einen Anfang - und als Signal für eine Trendwende.
23.05.2018

Mit 13.000 zusätzlichen Pflegekräften und mehr Geld will die Koalition aus Union und SPD den Anfang machen für eine Trendumkehr in der Alten- und Krankenpflege. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Mittwoch in Berlin, von dem Sofortprogramm der Bundesregierung gehe das Signal aus: "Wir haben verstanden." Die Arbeitsbedingungen in der Pflege hätten sich jahrelang immer weiter verschlechtert, viele Pflegekräfte der Branche den Rücken gekehrt. Das Sofortprogramm sei "ein erster, wichtiger Baustein, um die Vertrauenskrise in der Pflege zu überwinden", sagte Spahn.

Bis zu 12.000 Euro für Digitalisierung

Der Gesetzentwurf soll in Kürze vorliegen. Den Eckpunkten zufolge, auf die sich die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD verständigt haben, sollen nicht nur, wie zunächst verabredet, 8.000, sondern 13.000 neue Fachkraftstellen für die medizinische Behandlungspflege in Altenheimen geschaffen werden. Kleine Heime können eine zusätzliche halbe Stelle einrichten, Einrichtungen mit 41 bis 80 Bewohnern eine Stelle, mit bis zu 120 Bewohnern anderthalb Stellen und darüber hinaus zwei neue Pflegestellen, deren Kosten von den Krankenkassen getragen werden.

Die Ausbildung von Altenpflege-Nachwuchs soll sich ab 2020 finanziell günstiger für die Einrichtungen auswirken als heute. Außerdem erhalten Pflegeeinrichtungen, die in die Digitalisierung ihrer Dokumentation investieren, für Ausgaben von bis zu 30.000 Euro 40 Prozent von den Pflegekassen zurück, also bis zu 12.000 Euro pro Einrichtung.

Finanzielle Anreize für mehr Ausbildungsplätze

Die Krankenhäuser können von diesem Jahr an damit kalkulieren, dass Tarifsteigerungen für das Pflegepersonal voll durch die Krankenkassen refinanziert werden und vom kommenden Jahr an auch jede zusätzliche Pflegestelle vollständig finanziert wird. Bisher müssen die Kliniken einen Eigenanteil von zehn Prozent leisten, wenn sie neue Pflegekräfte einstellen. Wie in der Altenpflege sind auch für die Krankenhäuser darüber hinaus finanzielle Anreize für mehr Ausbildungsplätze vorgesehen.

Das Sofortprogramm soll Spahn zufolge Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. "Wir wollen Pflegekräfte, die der Pflege den Rücken gekehrt haben, dazu ermuntern, wieder zurückzukommen", sagte Spahn. Andere würden hoffentlich ihre Stundenzahl erhöhen. In der Pflege wird überwiegend Teilzeit gearbeitet.

Der CDU-Politiker räumte ein, dass es schwierig werden wird, die neu geschaffenen Stellen auch zu besetzen. Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, sei eine Möglichkeit, sagte er. Noch wichtiger aber sei es, in die Ausbildung zu investieren. In der Kranken- und Altenpflege fehlen der Bundesregierung zufolge schon heute mindestens 25.000 Fachkräfte und weitere 10.000 Hilfskräfte. Freie Stellen bleiben so lange unbesetzt wie in keiner anderen Branche.

Kosten von rund einer Milliarde Euro pro Jahr

Das Pflege-Sofortpaket kostet Spahn zufolge rund eine Milliarde Euro pro Jahr, die fast vollständig aus Mitteln der Krankenversicherung aufgebracht werden soll. Die Krankenkassen verfügen über Rücklagen von rund 30 Milliarden Euro, während sich bei den Pflegekassen in diesem Jahr ein dreimal so hohes Defizit ankündigt wie erwartet. Sie rechnen zum Jahresende mit knapp 3,5 Millionen Pflegebedürftigen, eine halbe Million mehr als vor der jüngsten Reform, durch die seit vorigem Jahr vor allem Demenzkranke mehr Leistungen erhalten.

Spahn und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sowie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) wollen daher gemeinsam mit Berufsverbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebern über weitere Schritte gegen die Personalnot in der Pflege beraten. Union und SPD hatten sich unter anderem darauf verständigt, im Rahmen einer "Konzertierten Aktion Pflege" Personaluntergenzen festzulegen und die gesetzlichen Voraussetzungen für eine flächendeckende Anwendung von Tarifverträgen zu schaffen.

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