Porto Alegre
epd-bild / Norbert Neetz
Wegen einer Graffiti-Ausstellung wird das Goethe Institut in der südbrasilianischen Stadt Porto Alegre von religiösen Gruppen angegriffen. Dies berichtete die Leiterin Marina Ludemann dem Evangelischen Pressedienst (epd).
14.05.2018

"Fundamentalisten werfen uns Satanismus, Blasphemie und Antisemitismus vor." Per Facebook habe sie über 2.000 Hass-Botschaften erhalten - "eine schlimmer als die andere, bis hin zur Aufforderung von Lynchjustiz, zum Beispiel, dass man den Kopf der Institutsleiterin an der Wand sehen wolle", sagte Ludemann.

Kopf auf Teller

Stein des Anstoßes war ein Graffiti des Künstlers Rafael Augustaitiz auf der Außenmauer des Instituts. Es zeigte einen abgeschnittenen Kopf, der waagerecht auf einem Teller liegt. "Die Kritiker haben darin Jesus gesehen, obwohl dies nicht eindeutig ist", sagt Ludemann. "Es gleicht viel eher Darstellungen von Johannes dem Täufer, zudem fehlt das Symbol des Kreuzes." Augustaitiz ist für seine provokativen Arbeiten mit religiösen Symbolen bekannt, er will damit nach eigenen Aussagen "spirituelle Versklavung" und Puritanismus thematisieren. "Solche Darstellungen eines abgeschnittenen Kopfes kommen in der westlichen Kunstgeschichte hundertfach vor", erläutert die Institutsleiterin.

Offenbar stecken radikale katholische Gruppen hinter der Hetzkampagne. Recherchen des Instituts ergaben, dass die jesuitischen Gruppen "Centro Dom Bosco" in Rio de Janeiro und "Centro Cultural São Bento" im Bundesstaat Rio Grande do Sul Wortführer der Kampagne sind. Die Kampagne in den sozialen Medien werde mit Hilfe von Algorithmen verbreitet und mache Stimmung gegen Parteien und Einzelpersonen, die die Freiheit der Kunst verteidigten, warnt Ludemann. Zudem beteiligten sich daran rechte politische Gruppen wie das Movimento Brasil Livre (MBL). "Offenbar wird hier Religion für den bevorstehenden Wahlkampf missbraucht."

Institut lädt zu Diskussion ein

Seit März zeigt das Goethe-Institut die Schau 'Pixo / Graffiti: Parallele Realitäten'. "Die Ausstellung handelt von Street-Art und der Frage, ob Graffitis ästhetische Interventionen sind oder den öffentlichen Raum verunstalten", erklärt Ludemann. Doch erst Anfang Mai brach der Shitstorm im Internet los, nachdem ein Video auf Youtube dem deutschen Kulturinstitut die "Verfolgung von Christen" vorwarf. Unbekannte hätten daraufhin das Kunstwerk übertüncht und "Er ist auferstanden" darüber gesprüht. Der Autor des Videos war bereits im September an einer Hetzkampagne gegen eine Ausstellung zu sexueller Vielfalt beteiligt. Damals mit Erfolg: Die Bank Santander brach die Ausstellung in ihrem Kulturzentrum ab.

Auch das Erzbistum von Porto Alegre protestierte in einer öffentlichen Stellungnahme gegen die Ausstellung im Goethe-Institut. Erzbischof Jaime Spengler erklärte sich aber in einem Gespräch mit der Institutsleiterin bereit, an einer öffentlichen Podiumsdiskussion des Instituts teilzunehmen. Offenbar sei die katholische Kirche selbst von den Fundamentalisten unter Druck gesetzt worden, sagt Ludemann. "Der Erzbischof und ich sind uns einig, dass zunehmender Fundamentalismus und Radikalismus, auch innerhalb der Kirche, eine große Gefahr für die Demokratie sind."

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