Strafjustizzentrum München
epd-bild/Lukas Barth
Tanz ums Kreuz: Der Umgang mit dem zentralen Symbol des Christentums sorgt immer wieder für Irritationen. In Bayern sollen Kreuze in Behörden die kulturelle Prägung des Freistaates dokumentieren. In den Kirchen löst das ein geteiltes Echo aus.
25.04.2018

Die bayerische Anordnung zum Aufhängen von Kreuzen in allen Landesbehörden hat eine Debatte um das Verhältnis von Religion und Staat ausgelöst. Religionsexperten von SPD, Grünen, FDP und Linke sahen am Mittwoch durch die Kreuz-Pflicht die Neutralitätspflicht des Staates in Gefahr. Die AfD begrüßte den Vorstoß. Kirchenvertreter warnten davor, das Kreuz für politische Zwecke zu missbrauchen.

Das bayerische Kabinett hatte in seiner Sitzung am Dienstag die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats geändert. Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes im Freistaat sei ab dem 1. Juni als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland anzubringen.

Keine Bewertung durch Bundesregierung

Das Bundesinnenministerium wollte die bayerische Kabinettsentscheidung "mit Rücksicht auf unsere föderale Ordnung" nicht kommentieren. Ein Sprecher verwies aber darauf, dass die Bundesregierung für ihre Behörden bereits vor Jahren entschieden habe, dass es der jeweiligen Behördenleitung unterliegt, wie ein Dienstgebäude eingerichtet wird. Auch der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, bewertete die Entscheidung Söders nicht, betonte aber, es gebe "keine Pläne innerhalb der Bundesregierung, ähnlich zu handeln".

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), hält verpflichtende Kreuze in bayerischen Amtsstuben für unproblematisch. "Ich erkenne in dem bayerischen Kabinettsbeschluss keine Beeinträchtigung anderer Religionen", sagte er der Tageszeitung "Die Welt" (Online). "Ebenso wie es selbstverständlich ist, mit Kippa oder Kopftuch eine Behörde betreten zu können, sollte es selbstverständlich sein, dort ein Kreuz aufhängen zu dürfen."

Dagegen kritisierte Niedersachsens Ministerpräsident Weil (SPD) Söders Kruzifix-Vorstoß. "Ich halte von solchen Aktionen gar nichts", sagte Weil dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag). "Der Staat ist religiös neutral, wir haben keine Staatsreligion."

Muslime warnen vor Doppelmoral

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verteidigte die Pläne in Bayern. ZdK-Präsident Thomas Sternberg sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland", das Kreuz betone den Stellenwert von Religionen und bedeute keinesfalls Ausgrenzung. Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, begrüßte die Anordnung, warnte aber zugleich davor, das Kreuz für politische Zwecke zu missbrauchen.

Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, auf das Kreuz könne sich nur berufen, wer seine kritische Kraft gelten lässt. "Das geschieht durch die Präsenz des Kreuzes an anderen öffentlichen Orten deutlicher und glaubwürdiger als in Behörden", argumentierte er.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, erklärte: "Wir Muslime haben kein Problem mit den Kreuz, überhaupt mit der Wertschätzung der Religion im gesellschaftlichen Leben." Was nicht gehe sei eine Doppelmoral, christliche Symbole zu akzeptieren, aber muslimische, jüdische oder andere aus der Öffentlichkeit zu verbannen.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, äußerte sich im Bayerischen Rundfunk ebenfalls kritisch. Er habe "im Prinzip nichts gegen Kreuze in Dienstgebäuden", sagte er. Man müsse sich aber schon die Frage stellen, welchen Sinn sie eigentlich haben sollten.

Von Notz: Nicht hinzunehmen

Lars Castellucci, Beauftragter für Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion, kritisierte, Söder gehe "es nicht um Religion, sondern um Wahlkampf. Kreuze, die nur deshalb hängen, weil es eine staatliche Verordnung gibt, nützen niemandem." Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz zeigte sich von den Plänen "zutiefst irritiert". Es handele sich auch um "eine nicht hinzunehmende Instrumentalisierung religiöser Symbole".

Christine Buchholz, religionspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, erklärte: "In einem Amtsgebäude hat das Kreuz nichts zu suchen, auch nicht im Eingangsbereich." Stefan Ruppert, religionspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, erklärte, Söders Sichtweise offenbare eine recht fragwürdige Interpretation der christlichen Symbolik, indem er das Kreuz auf die bayrische Folklore reduziere.

Der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Volker Münz, begrüßte dagegen die bayerische Anordnung und verbuchte die Kabinettsentscheidung auch als Erfolg seiner Partei.

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