Die mutmaßliche Verschleppung eines vietnamesischen Geschäftsmannes von Berlin nach Hanoi beschäftigt nun auch ein deutsches Gericht.
24.04.2018

Seit Dienstag wird einem 47-Jährigen vor dem 3. Strafsenat des Berliner Kammergerichts für Staatsschutzsachen der Prozess gemacht, unter anderem wegen des Vorwurfs der Agententätigkeit und der Beihilfe zur Freiheitsberaubung. Der Angeklagte Long N. H. hat die vietnamesische und tschechische Staatsangehörigkeit und lebte vor seiner Festnahme in Prag. Er soll laut Anklageschrift das spätere Entführungsfahrzeug angemietet und dieses von Prag nach Berlin gefahren haben. Anberaumt sind bislang 22 Verhandlungstage bis Ende August.

Der frühere Ölmanager Trinh Xuan Thanh war am 23. Juli 2017 im Berliner Tiergarten gewaltsam in ein Fahrzeug gezerrt und zur vietnamesischen Botschaft in Treptow-Köpenick gebracht worden. Der damalige Geschäftsmann und Exfunktionär der Kommunistischen Partei war 2016 ins Ausland geflohen, als erste Korruptionsvorwürfe gegen ihn laut wurden. Er bat in Deutschland um Asyl. Ende Juli 2017 wurde er dann mutmaßlich von Angehörigen des vietnamesischen Geheimdienstes aus Berlin verschleppt. Später wurde er im vietnamesischen Staatsfernsehen vorgeführt. Die Regierung in Hanoi erklärte, Thanh sei freiwillig zurückgekehrt.

Verteidiger fordert Freispruch

Seine Anwältin Petra Schlagenhauf bezeichnet dies als Lüge. Beim Prozess in Berlin vertritt sie die Nebenklage und hofft, dass gerichtlich geklärt wird, dass Thanh tatsächlich entführt wurde. Der Verteidiger des mutmaßlichen Entführungshelfers Long N. H., Stephan Bonell, fordert den Freispruch seines Mandanten und spricht von einem "Bauernopfer" der Staatsanwaltschaft. Er kündigte an, auch die politischen Hintergründe beleuchten zu wollen. So sei die Bundesregierung von der vietnamesischen Führung schriftlich über einen internationalen Haftbefehl informiert worden, habe aber nichts getan. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei im Bilde gewesen.

Ein Gericht in Hanoi hat Thanh inzwischen zweimal wegen Korruptionsvorwürfen zu lebenslanger Haft verurteilt. In beiden Fällen verzichtete die Anklage darauf, die Todesstrafe zu fordern. Der Fall Thanh hatte international Schlagzeilen gemacht. Das Auswärtige Amt in Berlin spricht von "Menschenraub" und "Rechtsbruch".

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