EU-Parlament in Straßburg
epd-bild / EU-Parlament
Straffällig gewordene EU-Bürger können nach einem zehnjährigen Daueraufenthalt nur im Ausnahmefall noch in ihr Heimatland ausgewiesen werden.
17.04.2018

Ein besonderer Ausweisungsschutz kann im Einzelfall auch dann noch bestehen, wenn ein EU-Bürger die letzten zehn Jahre zeitweise eine Haftstrafe verbüßen musste, wie am Dienstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg urteilte. (AZ: C-316/16 und C-424/16)

Nach EU-Recht haben EU-Bürger ein Daueraufenthaltsrecht in einem EU-Land, wenn sie sich dort fünf Jahre lang ununterbrochen aufgehalten haben. In diesen Fällen ist eine Ausweisung nur aus "schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" geboten. Bei einem rechtmäßigen Aufenthalt in den vergangenen zehn Jahren genießen EU-Bürger einen verstärkten Ausweisungsschutz. Danach ist die Ausweisung nur aus "zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit" gerechtfertigt.

Schutz vor Ausweisung kann auch bei Haft bestehen

Über die Frage, inwieweit eine Haftstrafe die Zehnjahresfrist unterbricht und eine Ausweisung damit wieder erleichtert wird, hatte nun der EuGH in einem deutschen und einem britischen Fall zu entscheiden. Im ersten Fall hatte ein seit seinem dritten Lebensjahr in Deutschland lebender Grieche 2013 eine Spielhalle überfallen. Der damals 24-Jährige wurde zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wollte ihn daraufhin nach seiner Haft ausweisen. Der zehnjährige Daueraufenthalt sei durch die Haft unterbrochen worden.

Ähnlich begründeten im zweiten Fall britische Behörden ihre Ausweisungsanordnung gegen einen Italiener, der nach Verbüßung seiner Haft wegen der Tötung eines Menschen Großbritannien verlassen sollte.

Doch eine Haft unterbricht nicht automatisch den rechtmäßigen zehnjährigen Daueraufenthalt, wie der EuGH urteilte. Dies hänge vom Einzelfall ab. Ein verstärkter Ausweisungsschutz könne danach weiterbestehen, wenn der EU-Bürger trotz seiner Haft im Aufnahmemitgliedstaat weiter integriert sei. Allerdings müssten auch die Art der Straftat und das Verhalten des Betroffenen während des Vollzugs berücksichtigt werden.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.