Papst Franziskus
epd-bild/Cristian Gennari
In einem am Montag im Vatikan veröffentlichten Schreiben betont er, nicht nur herausragende Gläubige und Märtyrer, sondern alle Christen sollten im Alltag nach Heiligkeit streben.
09.04.2018

In dem päpstlichen Schreiben "Gaudete et exultate" (Freut euch und jubelt) prangert er diejenigen an, die sich innerhalb der katholischen Kirche zu Richtern über andere Gläubige erheben.

"Heilige von nebenan" seien Eltern, Menschen, die für den täglichen Unterhalt arbeiteten, und Kranke, betont Franziskus in dem Dokument. Die zum Katholizismus konvertierte Jüdin Edith Stein zitiert der Papst mit dem Hinweis, dass innerhalb und außerhalb der Kirche die entscheidenden Wendungen in der Weltgeschichte wesentlich mitbestimmt seien durch Seelen, "von denen kein Geschichtsbuch etwas meldet".

Schreiben umfasst 50 Seiten

Gerade in Zeiten, in denen Frauen stark eingeschränkt waren, habe eine weibliche Form der Heiligkeit zu neuer geistlicher Dynamik und wichtigen Reformen in der Kirche geführt, heißt es in dem knapp 50 Seiten umfassenden Schreiben. Darin verweist Franziskus etwa auf Hildegard von Bingen, Birgitta von Schweden und Katharina von Siena.

Mit Blick auf konservative Kirchenkreise, die ihn wegen seiner Reformen für einen Häretiker halten, nennt Franziskus narzisstisches und autoritäres Elitebewusstsein "subtile Feinde der Heiligkeit". Das Kirchenoberhaupt warnt davor, die eigenen Theorien zu verabsolutieren und andere zu verpflichten, sich deren Argumentationen zu unterwerfen. Er plädiert für einen gesunden und demütigen Gebrauch der Vernunft beim Umgang mit christlichen Lehren. Dem widerspreche es, "danach zu streben, die Lehre Jesu auf eine kalte und harte Logik zu reduzieren, die alles zu beherrschen sucht".

Unterschiedliche Interpretationen in der Kirche

Durch "wütendes Abladen von Rachegelüsten" werde die eigene Unzufriedenheit kompensiert. Unter dem Vorwand, Gebote zu verteidigen, werde das "Ansehen anderer gnadenlos zerstört". Die Rolle gnadenloser Richter einzunehmen, andere für unwürdig zu halten und ständig Belehrungen geben zu wollen, sei eine "subtile Form der Gewalt", mahnt der Papst. "Wenn jemand Antworten auf alle Fragen hat, zeigt er damit, dass er sich nicht auf einem gesunden Weg befindet." In der Kirche gebe es zurecht unterschiedliche Interpretation vieler Aspekte der Lehre und des christlichen Lebens.

Bei dem Lehrschreiben von Papst Franziskus handelt es sich der Form nach um eine sogenannte apostolische Exhortation - wie zuvor bereits seine Schriften "Evangelii gaudium" (2013) und "Amoris laetitia" (2016).

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