Vielen Radiosendern droht eine Zwangs-Sendepause: Nach dem Verkauf der UKW-Infrastruktur durch den langjährigen Monopolisten haben sich die wichtigsten Akteure noch nicht geeinigt. Am Mittwoch könnte der Betrieb abgeschaltet werden.
06.04.2018

Ab Mitte kommender Woche könnten zahlreiche deutsche Radiosender nicht mehr über UKW empfangbar sein. Hintergrund sind Unstimmigkeiten zwischen den Antenneneigentümern und Sendernetzbetreibern, die nun in einer Abschaltung der UKW-Signale zu gipfeln drohen. Bis zu zehn Millionen Radiohörer könnten betroffen sein, wie ein Sprecher der Firma Media Broadcast, die das Sendernetz jahrelang betrieben hat, dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte. Streitpunkt ist die Höhe der von den neuen Besitzern verlangten Preise für die Antennennutzung.

Der Grund für die Funkstille ist nun allerdings etwas anders gelagert: Am 1. April ging ein Großteil der verkauften Antennen an die neuen Besitzer über, bis dahin gab es jedoch noch keine Einigung über die Preise zwischen den neuen Eigentümern und den Sendernetzbetreibern. Dass bis zum Eigentümerwechsel keine Verträge unterschrieben sein würden, zeichnete sich schon länger ab. Media Broadcast bot daraufhin bereits Mitte März an, die UKW-Sendernetztechnik zunächst bis Ende Juni weiter zu betreiben. Eigentlich war die ursprüngliche Beauftragung des Unternehmens bereits ausgelaufen oder von den Programmveranstaltern gekündigt worden.

Abschaltung am Mittwoch

Dafür verlangte Media Broadcast von den Programmveranstaltern selbst oder deren Sendernetzbetreibern allerdings eine formale Beauftragung bis zum 6. April. Andernfalls drohe die Abschaltung. Bis Donnerstagmittag wurde Media Broadcast eigenen Angaben zufolge allerdings nur von einem Viertel der betroffenen Veranstalter beauftragt. Am Montag wird das Unternehmen laut dem Sprecher nochmals prüfen, von welchen Programmveranstaltern Aufträge eingegangen sind. Wer sich bis dahin nicht gemeldet habe, werde am Mittwoch abgeschaltet. Von einer möglichen Abschaltung betroffen sein könnten unter anderen die NDR-Wellen in Mecklenburg-Vorpommern, die Programme von MDR und Deutschlandradio, aber auch Privatsender wie Big FM und Radio NRW.

"Seit dem 1. April funken wir ohne Rechtsgrundlage und ohne Bezahlung, da keine Beauftragung vorliegt", sagte der Media Broadcast-Sprecher dem epd: "Wir hoffen, dass die Kommunikation der möglichen Abschaltung am Mittwoch als Weckruf verstanden wird."

Die beiden großen Sendernetzbetreiber Divicon Media aus Leipzig und Uplink aus Düsseldorf, die seit dem 1. April einige der betroffenen Sender betreuen, hatten bis zum Freitagmittag keinen Auftrag erteilt. Ein Sprecher der Divicon Media sagte dem epd, das Unternehmen befinde sich in finalen Abstimmungen mit Media Broadcast. Uplink-Geschäftsführer Michael Radomski formulierte scharfe Kritik: "Wenn jemand aus kommerziellen Gründen den Deutschen ihren Radioempfang wegnehmen möchte, frage ich mich, ob derjenige überhaupt geeignet ist, Medien zu verbreiten."

Verkauf war im Dezember

Ein Sprecher der Bundesnetzagentur sagte dem epd, es sei wichtig, dass die Marktakteure alles daran setzten, eine Lösung zu finden. Die Aufsichtsbehörde beobachte den Prozess zusammen mit dem Bundeskartellamt und den Landesmedienanstalten aufmerksam.

Hintergrund ist, dass Media Broadcast seine UKW-Antennen im Dezember verkauft hat. Die neuen Besitzer verlangen nun offenbar deutlich höhere Preise für die Nutzung. Branchenintern geht man von einer Preiserhöhung um etwa 30 Prozent aus. Eine Abschaltung stand zwischenzeitlich schon einmal zum Eigentümerwechsel am 1. April im Raum, damals vonseiten der Antennenbesitzer. Bei einem Runden Tisch in Berlin Mitte März einigten sich Aufsichtsbehörden, Radiosender und Netzbetreiber jedoch auf die Übergangslösung, den Sendebetrieb zunächst unverändert über den 31. März hinaus fortzuführen, während die Verhandlungen weitergehen.

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