Baustelle für neuen Garnisonkirchturm in Potsdam, Februar 2018
epd-bild/Rolf Zoellner
Die Geschichte der Potsdamer Garnisonkirche sorgt immer wieder für Debatten. Nun steht der Jahrestag eines historischen Ereignisses bevor, das oft im Zentrum der Kritik am Wiederaufbau steht: Am 21. März 1933 nutzte Hitler die Kirche als Bühne.
20.03.2018

Zum 85. Jahrestag des "Tages von Potsdam" hat die Garnisonkirchenstiftung ihre Auseinandersetzung mit der Geschichte hervorgehoben. Inzwischen sei ein Historiker damit beauftragt, die Internetpräsenz der Stiftung zum Zeitraum 1918 bis 1945 zu ergänzen und mit Anschauungsmaterial zu versehen. Damit werde auf der Webseite der aktuelle Forschungsstand einsehbar, sagte eine Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag in Potsdam: "Die wissenschaftliche Begleitung der Arbeit rückt nach dem Baubeginn jetzt stärker in den konzeptionellen Mittelpunkt der Stiftung."

Historiker fordert kritischere Auseinandersetzung

Der Historiker Manfred Gailus rief die Baustiftung zur kritischeren Auseinandersetzung mit der Geschichte auf. Der NS-Festakt in der Garnisonkirche mit einer Rede Hitlers am 21. März 1933 sorgt bis heute für heftige Debatten über den Wiederaufbau des Potsdamer Gotteshauses.

Der Historiker Gailus kritisierte im Gespräch mit dem epd in Berlin, die Stiftung gehe bisher nicht angemessen mit der Geschichte der Garnisonkirche im Nationalsozialismus um. Die Stiftung entgegnete, sie sei sich der symbolischen Bedeutung des 21. März 1933 bewusst und thematisiere ihn "nicht nur zum Jahrestag, sondern in nahezu jedem Vortrag und Gespräch". Am Jahrestag sei eine Veranstaltung zum Thema "Potsdamer Kirchen in der NS-Zeit" geplant.

"Fatale Rolle in der NS-Zeit"

Gailus, der Professor des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin ist, sagte, die 1945 zerstörte und 1968 abgerissene Barockkirche habe in der NS-Zeit ein "fatale Rolle" gespielt. Dies gerate bei den Befürwortern des Wiederaufbaus zu oft in den Hintergrund: "Gute historische Argumente für einen Wiederaufbau der Garnisonkirche kann ich nicht erkennen."

Die Stiftung informierte, nach zwischenzeitlichen technischen Problemen kämen die im vergangenen Herbst gestarteten Bauarbeiten für den rund 40 Millionen Euro teuren neuen Garnisonkirchturm wieder gut voran. Der Bund fördert das Bauvorhaben mit zwölf Millionen Euro, die evangelische Kirche stellt fünf Millionen Euro Kredite zur Verfügung.

"Architektonisches Sühnezeichen"

Die Brache am historischen Standort in der Potsdamer Innenstadt brauche wieder ein Bauwerk, betonte auch der Historiker Gailus. "Angemessen wäre an dieser Stelle, nach allem was dort geschah und von dort ausging, ein architektonisches Sühnezeichen der heutigen Kirche, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz", sagte der Historiker: "Und das müsste in jedem Fall anders aussehen als eine Kopie der alten Kirche."

"Hier muss etwas Neues, Leichtes und Transparentes hin, nicht die architektonische Replik einer preußischen Militärkirche", sagte Gailus. Sinnvoll könne ein kirchliches Friedenszentrum sein, das auch der historischen Aufklärung diene. Dies plant auch die evangelische Kirche im Nachbau des Kirchturms. Ein solches Zentrum sollte den Namen Friedrich-Weißler-Friedenszentrum tragen, sagte Gailus: "Mit einer solchen Namensgebung würden die Wiedererbauer ein angemessenes Zeichen für heute und morgen setzen." Der Jurist Friedrich Weißler, der in der evangelischen Bekennenden Kirche mitarbeitete, wurde 1937 im KZ Sachsenhausen ermordet.

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