Hans Michael Heinig
epd-bild / Jens Schulze
16.03.2018

Der Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig hat die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) neu befeuerte Debatte um die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland als nicht zielführend kritisiert. Aus rechtlicher Sicht könne man nicht zwischen dem Islam und den Muslimen unterscheiden, sagte der Leiter des kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es gibt aus Sicht des Grundgesetzes keine Religion ohne das Individuum. Man kann nicht sagen, die Muslime gehören zu Deutschland, der Islam aber nicht."

Seehofer hatte der "Bild"-Zeitung (Freitag) gesagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Deutschland sei durch das Christentum geprägt. Er fügte indes hinzu, dass die hier lebenden Muslime selbstverständlich zu Deutschland gehörten. Seehofer äußerte sich in dem Interview zu einem Satz des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff. Dieser hatte im Jahr 2010 mit dem Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" eine Diskussion ausgelöst.

Der neue Bundesinnenminister sende mit dem Satz, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, einerseits ein Signal an die islamkritischen Menschen, sagte Heinig. Seehofer habe andererseits aber auch den Wert von wechselseitiger Rücksicht und Dialog unterstrichen. Er sagte, er wolle ein Zusammenleben mit den Muslimen, kein Gegen- oder Nebeneinander.

Minister muss Spagat hinkriegen

Als Innenminister stehe Seehofer vor der Herausforderung, einen Spagat zwischen den islamkritischen Bevölkerungsteilen und den für die multireligiöse Gesellschaft Aufgeschlossenen zu meistern, sagte der Göttinger Professor, der zum Staatskirchenrecht forscht. Die neue Bundesregierung solle die deutsche Erinnerungskultur fortführen und zugleich neue religiöse Interessen der durch Einwanderung geprägten Gesellschaft einbeziehen.

Heinig mahnte jedoch einen sensibleren Tonfall in der Debatte an. Mit Blick auf anonyme Morddrohungen gegen den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland und Brandanschläge auf Moscheen in den vergangenen Tagen dürfe die islamkritische Debatte keinesfalls "hysterisch" oder "stigmatisierend" geführt werden.

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